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Aus: Ausgabe vom 26.05.2014, Seite 15 / Politisches Buch

Schwierigkeiten beim Schreiben über Brecht

Am 5. Mai rezensierte Kai Köhler auf dieser Seite unter dem Titel »Ein SED-Opfer mehr« das Buch Werner Hechts »Die Mühen der Ebene. Brecht und die DDR«. Die Besprechung veranlaßte den Regisseur Manfred Wekwerth, jW auf eine Passage in seinem Buch »Mut zum Genuß. Ein Brecht-Handbuch für Spieler, Zuschauer, Mitstreiter und Streiter« (Kai Homilius Verlag, Berlin 2009, 232 Seiten, 14,80 Euro) hinzuweisen. Wekwerth dokumentiert dort auf Seite 223 Teile eines Tagesspiegel-Artikels vom 14. August 2006, den er auf derselben Seite kommentiert. Ein Auszug:



Tagesspiegel: »Ein toter Brecht, verbrämt und verklärt zum sozialistischen Klassiker, war für die DDR-Staatsmacht vor 50 Jahren bequemer als ein lebender Brecht. Und für die Staatssicherheit?

Eine Brecht-Akte in der Gauck-Birthler-Behörde (…) gibt es freilich nicht. Doch existiert eine (…) bislang unbekannte, unbeachtete Rede des Stasi-Chefs Erich Mielke, die im Ton der Abrechnung Brechts Tod erwähnt: »(…) und daß deshalb also der bekannte Schriftsteller (Pause) und, äh, Dramaturg Brecht Strafantrag stellen wollte gegen also einen leitenden Funktionär der Staatssicherheit.« Hier hält Mielke kurz inne (…) und fährt in Berliner Dialekt mit falschem Dativ und Bestonung auf dem zweiten Wort fort: »Und dann ist Brecht erlegen einen Herzschlag.«


Aber Werner Hecht, zu DDR-Zeiten langjähriger Chefdramaturg am BE, (…) der über Leben und Wirkung B. B.s mehr weiß als jeder andere Sterbliche, sagt nur verblüfft: »Ich habe von dieser Rede nie gehört. (…) Ich hätte auch vermutet, daß die den Brecht loswerden wollten. Und wenn man aus Mielkes Bemerkung den heimlichen Triumph über irgendeine Art Sterbehilfe der Stasi herauslesen und dann auch beweisen könnte, wäre das natürlich ein Coup, zumal in diesem Jubiläumsjahr!« (…)

Wekwerth: In den ersten Augusttagen 1956 arbeiteten Brecht und ich in Buckow an der Vorbereitung der Uraufführung des Stücks »Die Tage der Commune«. (…) Brecht erholte sich von einer Viruserkrankung, weshalb er immer nur zwei Stunden hintereinander arbeitete. (…) Als wir bis Mittag nichts von Brecht gehört hatten und auch in seiner Wohnung in der Chausseestraße niemand ans Telefon ging, baten wir Dr. Tsouloukidse, den Theaterarzt, nach Brecht zu sehen. Dr. Tsouloukidse rief gleich zurück, daß Brecht einen Herzinfarkt habe, der, da schmerzlos, wahrscheinlich schon vier Tage zurückläge. Er verständigte das Regierungskrankenhaus, das sofort Ärzte und Geräte schickte, und Dr. Tsouloukidse bat uns, bestimmte Medikamente in Westberlin zu besorgen, die in Ostberlin nicht zu bekommen waren. Besson, der ein Auto besaß, fuhr sofort los, und da er keinerlei Papiere zum Grenzübertritt hatte, sagte er den Grenzposten am Brandenburger Tor: »Genosse Brecht ist in Lebensgefahr.« Er konnte sofort passieren, bekam die Medikamente, aber jede Hilfe kam zu spät.

Werner Hecht war übrigens nie Chefdramaturg am Berliner Ensemble. Er leitete das Brecht-Archiv. Brecht hat er nie kennengelernt.

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