Aus: Ausgabe vom 13.06.2014, Seite 3 / Schwerpunkt
»Es geht um die Sicherung des Ressourcenflusses aus dem Westen«
In einer im Mai veröffentlichten Analyse (»Weder Musterwahl noch Farce: Die afghanischen Präsidentschaftswahlen 2014«) des regierungsnahen Berliner Think-Tank SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik) heißt es zur Abstimmung an diesem Samstag nüchtern:
(…) Allen Akteuren des politischen Establishments ist bewußt, daß nur ein im Ausland anerkannter Präsident den enormen Ressourcenzufluß von vor allem westlichen Gebern aufrechterhalten kann. Es ist daher kein Zufall, daß beide Gewinner des ersten Wahlgangs fließend Englisch sprechen und über Erfahrung auf dem internationalen Parkett verfügen. Aschraf Ghani arbeitete sogar mehrere Jahre für die Weltbank.
Der Fluß der internationalen Mittel ist es auch, der die Akteure der afghanischen Zentralregierung am stärksten mit denen in der Peripherie verbindet. Letztere können diese Ressourcen zuvorderst über staatliche Positionen erlangen, die wiederum der Präsident bis hinunter auf die Distriktebene verteilt. Dementsprechend führten die meisten Kandidaten bereits vor dem ersten Wahlgang Sondierungsgespräche mit jenen politischen Akteuren in den Provinzen, die in der Lage schienen, den Wahlausgang lokal entscheidend zu beeinflussen. Im Gegenzug können diese im Falle eines Wahlsiegs mit Posten oder sonstigem Entgegenkommen rechnen. Die lokalen Potentaten streben ihrerseits an, möglichst mit dem aussichtsreichsten Kandidaten verbunden zu sein.
Letztlich ist es ein gemeinsames Interesse daran, den ökonomischen Status quo aufrechtzuerhalten, der die entscheidenden politischen Akteure dazu bringt, die Regeln der Wahlen im weitesten Sinne einzuhalten. Die westlichen Demokratisierungsbemühungen waren somit nur bedingt erfolgreich. (…)
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