Aus: Ausgabe vom 05.07.2014, Seite 16 / Aktion
Zeit der Kirschen
Von Dietmar KoschmiederDieses Signal ist dringend nötig und kommt zur richtigen Zeit. Immer mehr Menschen erkennen, daß es nicht ihre Interessen sind, die von den Herrschenden in der großen Politik umgesetzt werden. Daß es denen egal ist, ob Kriege und Killerdrohnen von der Bevölkerung abgelehnt werden. Vielen wird klar, daß sie für ihre Interessen selbst aktiv werden müssen, daß sie ihre eigene Kultur, ihre eigenen Medien brauchen. Sie sind auf der Suche nach Alternativen, und diese Menschen darf man nicht Rattenfängern überlassen, ob diese nun offen rechts auftreten oder um sich den Nebelschleier des erleuchteten Organisators verbreiten, der angeblich nicht mehr rechts noch links kennt: Klassenverhältnisse müssen offengelegt und nicht versteckt werden, auch wenn viele sich mit marxistischen Kategorien und Begrifflichkeiten zunächst schwertun. Der Sozialismus will, seitdem er eine Wissenschaft geworden ist, auch wie eine Wissenschaft betrieben werden (Friedrich Engels). Deshalb werden gut organisierte Kommunisten auch in diesem Land dringender denn je gebraucht.
Dieses Fest bot hochkarätige Kultur und Politik nicht nur auf den Hauptbühnen und zentralen Foren. Es waren drei Tage lang Hunderte von Gesprächsrunden und Konzerte, oft gar nicht im Programm angekündigt, die viel Kraft spendeten. Nur ein Beispiel: Das Zelt der jungen Welt war immer übervoll, nur bei einer Veranstaltung gab es noch genügend Platz: Blandine Bonjour und Bernd Köhler spielten ohne elektrische Verstärkung, aber voller Energie und Lust französische Chansons, Lieder von der Pariser Commune, der Zeit der Kirschen. Dazu gab es Croissants, Kaffee und auf den Tischen Lavendel aus der Provence. Das war am Sonntag um 9.30 Uhr, selbst die Genossen von Jump UP, die dazu eingeladen hatten, waren da gerade erst aus ihren Schlafsäcken gekrabbelt – nach einer langen Nachtschicht. Dieses Pressefest war so eine kleine Kirschenzeit, hier begleitet von Blandine und Bernd: »Ja, kurz war sie nur, unsere Kirschenzeit, wenn wir am Morgen aufgewacht sind. Was haben wir sie geliebt, diese Zeit, die Revolution, die Liebe, den Streit, in den Nächten und Tagen. Getanzt und gekämpft und Schmerzen ertragen…« (Franz Josef Degenhardt nach Jean Baptiste Clement).
Schade nur, daß das nächste UZ-Pressefest erst wieder in zwei Jahren stattfindet.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Mehr aus: Aktion
-
Lektion 2: Rechtspopulismus
vom 05.07.2014