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Aus: Ausgabe vom 01.08.2014, Seite 3 / Schwerpunkt

Überraschung ­für den Westen

Am Dienstag legte der von der EU beauftragte Chefermittler zu Kriegsverbrechen der »Befreiungsarmee des Kosovo« (UÇK), der US-Diplomat Clint Williamson, in Brüssel Ergebnisse seiner Untersuchung vor. Demnach haben sich »Kader der UÇK« der Entführung, Geiselnahme, Folter und Ermordung von ethnischen Serben, Roma und anderen Nationalitäten, einschließlich mißliebiger Albaner, schuldig gemacht. Dafür gebe es Beweise. »Schlüssige Hinweise« gebe es in bis zu zehn Fällen von Organhandel. Die Zahl könne sich in einem ordnungsgemäßen Gerichtsverfahren erhöhen.

Die Aussagen stimmen weitgehend mit dem Bericht überein, den der frühere Ermittler des Europarates zu UÇK-Kriegsverbrechen, der Schweizer Dick Marty, Ende 2010 vorgelegt hatte. Er kommentierte am Dienstag in einem Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) die Erklärung Williamsons mit der ironischen Bemerkung, daß die Regierungen der EU- und NATO-Staaten »sehr, sehr überrascht« sein müßten. Sie hätten zwar Williamson mit Ermittlungen beauftragt, aber offenbar nie daran gedacht, auch ein Gericht einzusetzen. Das bedeute, »alle waren überzeugt, Williamson würde nichts finden«. Nun habe er aber viele »positive Beweise« vorgelegt, und auch er, Marty, sei optimistisch, daß weitere gefunden werden. Die Schwierigkeit eines Prozesses sieht auch Marty in der Gefahr für Zeugendarüber hinaus in der »großen Verantwortung«, die die »internationale Gemeinschaft« bei diesen Verbrechen mit trage.

Nach der Pressekonferenz Williamsons wies der serbische Chefermittler zu den Vorwürfen von Organhandel durch die UÇK 1999, Dusan Janjic, in Belgrad gegenüber dem Sender RTS ebenfalls darauf hin, daß die Ergebnisse mit dem Marty-Bericht von 2010 übereinstimmen. Die serbische Öffentlichkeit sei vielleicht enttäuscht, weil Erwartungen auf stärkere Beweise und darauf, daß Hashim Thaçi vor Gericht gestellt werde, geweckt worden seien. Nach den Worten von Janjic sind aber alle Szenarien möglich, da niemand wissen könne, was die Ermittlungen noch ergäben. Er glaube allerdings nicht, daß mögliche Prozesse gegen UÇK-Führungsleute zu einer wesentlichen Änderung des Herangehens der internationalen Gemeinschaft an die Vergangenheit führen werde. In jedem Fall werde die UÇK in die Geschichte als eine Guerilla eingehen, die Verbrechen begangen habe.

Während des NATO-Krieges gegen Jugoslawien hatten der damalige US-Präsident William Clinton, die deutschen Regierungsparteien SPD und Grüne wie insgesamt die Kriegsparteien und -medien der Mitgliedstaaten des Paktes die UÇK-Kämpfer als Freiheitshelden gefeiert. (jW)

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