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Aus: Ausgabe vom 04.08.2014, Seite 3 / Schwerpunkt

Patriotisches Gedenken

Es war wie jedes Jahr am 1. August: In Warschau heulten am frühen Freitag abend die Sirenen, und für kurze Zeit stand das öffentliche Leben still. Die meisten Autofahrer hielten an – sofern sie nicht, wie um 17 Uhr üblich, sowieso im Stau standen – und hupten; Radfahrer betätigten ihre Fahrradklingeln, Straßenbahnen, Busse und U-Bahnen blieben eine Minute lang stehen, und sogar in den Einkaufszentren wurden die Kunden per Durchsage gebeten, den Konsum für einen Augenblick des Gedenkens zu unterbrechen.

Am Rande der offiziellen Feierlichkeiten und Kranzniederlegungen auf dem Militärfriedhof Powazki kam es zu kleineren Zwischenfällen, als Ultrakonservative den Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski, Premierminister Donald Tusk und die Warschauer Oberbürgermeisterin Hanna Gronkiewicz-Waltz ausbuhten. Die Störer wurden allerdings schnell durch »Ruhe«-Rufe aus den Reihen der staatstragend Gedenkenden zum Verstummen gebracht. An den Feierlichkeiten nahmen etwa 1000 Überlebende des Aufstandes teil, die aus aller Welt angereist waren. Generell herrschte eine Stimmung gefaßten Nationalstolzes; die Erinnerung an den Warschauer Aufstand ist einer der zentralen Kristallisationspunkte des polnischen Patriotismus. Wie eine Kommentatorin der konservativen Rzeczpospolita am Samstag schrieb, zeigt er den Polen ein Bild von sich selbst, wie sie gern wären, nicht unbedingt, wie sie im Alltag tatsächlich seien.


Viel beachtet wurden in diesem Jahr die Worte der Hochachtung, die der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck letzte Woche bei der Eröffnung einer Gedenkausstellung in der Berliner »Topographie des Terrors« für den Warschauer Aufstand gefunden hatte. Seine Parallele zwischen dem Mut der Aufständischen von 1944 und dem der Anhänger der Solidarnosc in den 1980er Jahren, die aus der Volksrepublik Polen ein zweites Hitlerdeutschland machte, traf den Ton, in dem das offizielle Polen heute seine eigene Rolle beschreibt. (rl)

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