Langjähriger französischer KP-Chef Georges Marchais gestorben
Der langjährige Parteichef der französischen Kommunisten, Georges Marchais, ist tot. Der frühere Generalsekretär der Parti Communiste Francais (PCF) starb am Sonntag im Alter von 77 Jahren in einem Krankenhaus in Paris. An der Parteispitze stand Marchais fast ein Vierteljahrhundert lang - von 1972 bis 1994. Schließlich wurde Marchais von Robert Hue abgelöst, der die PCF zurück in die Regierung führte.
Der Parteichef zollte seinem verstorbenen Vorgänger am Sonntag »tiefen Respekt«. Staatspräsident Jacques Chirac erklärte, Marchais habe jahrelang nicht nur die Kommunisten, sondern Frankreichs gesamte politische Landschaft geprägt.
Zur Todesursache äußerte sich die Klinik nicht. Nach einem ersten Herzinfarkt 1975 hatte Marchais immer wieder Probleme mit dem Herzen und lag seit einer Woche erneut im Krankenhaus. In den vergangenen Jahren war es um den einstigen Parteichef still geworden. Am jüngsten Parteitag nahm er überhaupt nicht mehr teil. Innerhalb der PCF, die er stets mit harter Hand geführt hatte, hatte Marchais kaum noch Einfluß. Mit Erfolg setzte er sich aber erst zu Beginn des Monats gegen eine Namensänderung ein. Die PCF ist die einzige europäische Regierungspartei, die den Kommunismus noch im Namen führt. In der Regierung von Premierminister Lionel Jospin stellt sie seit dem Wahlsieg der Linksparteien im Juni zwei Minister.
Geboren wurde Marchais im selben Jahr, in dem die PCF gegründet wurde: Am 7. Juni 1920 kam er in der Normandie in einer Bergarbeiterfamilie zur Welt. Mit 27 Jahren trat der Metallarbeiter in die Partei ein. Generalsekretär wurde er 1972, nachdem er zwei Jahre lang die Geschäfte des erkrankten Vorgängers Waldeck Rochet geführt hatte. Unter seiner Führung kamen die Kommunisten nach dem Erfolg des damaligen Sozialistenchefs Francois Mitterrand 1981 bei den Präsidentschaftswahlen in die Regierung. Zugleich mußte Marchais jedoch das bis dahin schlechteste Ergebnis für die Kommunisten seit Kriegsende hinnehmen - 15,3 Prozent. Nach drei Jahren verließen die vier kommunistischen Minister im Streit das Kabinett.
Auf internationalem Gebiet hatte sich Marchais in den 70er Jahren den italienischen »Eurokommunisten« angenähert, die sich von Moskau abzunabeln versuchten. Nach kurzer Zeit brachte er die PCF jedoch wieder auf den Sowjetkurs zurück. Die Französische KP verlor im folgenden an Wählern, Mitgliedern und auch an Unterstützung bei den Intellektuellen. Das führte dann - mit einiger Verspätung - auch in Paris zu einem Machtwechsel. An die Stelle Marchais' trat 1994 Hue.
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