Strasbourger Richter billigen türkische Gesinnungsjustiz
Der Menschenrechtsgerichtshof in Strasbourg hat die Verurteilung des ehemaligen kurdischen Bürgermeisters der türkischen Stadt Diyarbakir, Mehdi Zana, wegen Eintretens für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) grundsätzlich gebilligt. Mit zwölf gegen acht Stimmen entschieden die Richter am Dienstag, die Unterstützung der PKK durch den populären Kurden in einem Zeitungsinterview 1987 sei dazu geeignet gewesen, die damals ohnehin »explosive Situation« in der Region noch zusätzlich zu verschärfen. Daher seien Anklage und Verurteilung Zanas zu recht erfolgt. Die türkische Justiz habe im Interesse der »nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung« gehandelt.
Allerdings rügte der Gerichtshof die prozessualen Aspekte des Strafverfahrens, das mehrere Gerichte beschäftigt hatte. Der Angeklagte hatte in einer Instanz nicht kurdisch sprechen dürfen. Nach jahrelangem juristischen Tauziehen wurde er schließlich im März 1991 vom türkischen Staatssicherheitsgerichtshof zu einem Jahr Haft verurteilt. Bei diesem Verfahren wurde Zana selbst nicht gehört. Dies werteten die Richter als Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Gerichtshof wies die Regierung in Ankara an, dem 57 Jahre alten Zana 40 000 Francs (rund 12 000 Mark) an Schadenersatz zu zahlen und die Gerichtskosten zu erstatten. Die Türkei ist Mitglied des Europarats und gehört zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Urteile des Strasbourger Gerichtshofs sind somit für die Regierung in Ankara bindend.
Die türkische Justiz hatte Zana den Prozeß gemacht, nachdem er der linksliberalen Zeitung Cumhuriyet im August 1987 ein Interview gegeben hatte. Darin hatte der Kurde gesagt, er unterstütze »die nationale Freiheitsbewegung PKK«. Zugleich distanzierte sich er sich aber von Gewalt.
jW/AFP
Mehr aus: Ausland
-
Südafrika: Folter und Mord im Namen hehrer Ziele?
vom 26.11.1997 -
Scalfaro bat Äthiopier um Entschuldigung
vom 26.11.1997 -
Robert Hue gegen Fusion
vom 26.11.1997