Buchvorstellung im Berliner Brecht-Haus
Isaac Asimov kam 1922 im Alter von drei Jahren aus der Sowjetunion nach Brooklyn, wo er seinem Vater bald in einem »Candy Shop« zur Hand ging, zu dessen Sortiment Science-Fiction-Hefte gehörten. Aus dem Jungen wurde ein rastloser Mann. Nach einer Unikarriere in Biochemie verlegte sich Asimov 1958 auf das Verfassen von Science Fiction und entwickelte etwa die »drei Gesetze der Robotik« (den Begriff »Robotik« hatte er 1942 selbst geprägt). Nebenher schrieb er Sachbücher über ältere Geschichte, naturwissenschaftliche Fragen, die Benutzung von Rechenschiebern und einiges andere, darunter die Stücke von William Shakespeare.
1970 erschienen in zwei Bänden 40 locker flockige Essays von Asimov über das dramatische Werk des Elisabethaners, der neuerdings gern als Katholik »besser verstanden« wird. Zwölf dieser Abhandlungen hat der Alexander Verlag in diesem Jahr erstmals auf Deutsch herausgebracht. Sie haben die heute populärsten Shakespeare-Stücke zum Gegenstand, bleiben nah an diesen Originaltexten, erörtern manchmal kurz einzelne Worte, bieten unterhaltsame Hinweise aus der Rubrik »Vermischtes« und sachdienliche zur Historie.
Es gibt profundere Shakespeare-Erläuterungsbücher, herauszuheben wären die von André Müller sen., die auch deshalb klarer sind, weil sie gründlicher ausgearbeitet wurden. Asimov-Bücher entstanden sozusagen am Fließband. In den 70ern waren es 109, in den 80ern sogar 192, womit durchschnittlich alle knapp drei Wochen ein neues in den Handel kam.
So konnte Asimov sich bei aller Gewissenhaftigkeit nicht jede Quelle noch einmal vor Augen führen, und gab zum Beispiel in seinem Essay zu »The Tempest« (Der Sturm) eine Begebenheit aus der griechischen Mythologie unfreiwillig originell wieder, was die deutsche Ausgabe dankenswerterweise vermerkt. Für die krasse Abkürzung, die Asimov an dieser Stelle nahm, musste er mit einer üblen Abstrafung durch Zeus rechnen, aber das schröckte ihn nicht. Er ging in die vollen. Und seine Fans danken es ihm.
Die deutsche Ausgabe seiner Anmerkungen zu Shakespeare hat was von einem Prachtband und wird von »Shakespeare-Übersetzer« Feridun Zaimoglu rückhaltlos gepriesen: »Ein Meisterwerk!« Heute abend wird der Schriftsteller dieses Urteil auf einem Podium im Berliner Brecht-Haus näher ausführen, und zwar im Gespräch mit Theaterregisseur Stephan Suschke, über den die Veranstalter sonst nur mitteilen, dass er einst Heiner Müller assistierte, den Zeus als ebenfalls recht großen Spezialisten für Gefühlsüberschuss selig haben möge. Beginn im Brecht-Haus ist 20 Uhr. (xre)
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