Aid, Aids, Adidas
Von Wiglaf DrosteBandAid ist eine Art Ebola für die Ohren; Trommelfelle, denen die »Do they know it's Christmas?«-Schnulze mehr als einmal zugemutet wird, gehen langsam und qualvoll zugrunde. Weihnachten spielt in der Dramaturgie des christlichen Abendlandes eine zentrale Rolle und ist, wie der Revolutionäre 1. Mai für den linken Spießer, ein Pflichttermin für den Normaldeppen. Das will gründlich vorbereitet sein; deshalb gibt es die Adventszeit. Die Krux aller Aufklärung besteht darin, dass die Sehnsucht nach Erlösung tiefer eingeimpft und länger tradiert wurde als der Wunsch nach der vernünftigen Lösung eines Problems. Die Simulation von Glauben ist bequemer als die Simulation von Denken. Analphabeten sprechen diesbezüglich von Nachhaltigkeit: Dumm hält besser - und hält auch besser zusammen.
Trostreich ist es für jedes Lebewesen, mit der Gehirnwäsche der Religion nicht belästigt zu werden. Von 30 der peinlichsten Deutschen unter Anführung eines dauergrinsenden blondierten Düsseldorfer Sauerbratens angesülzt zu werden, ist nichts, das man Mensch oder Tier wünscht, nicht einmal einer Pflanze oder einem Halimasch. Plätzchen backen ist schön und sorgt für Wärme und Duft, gute Stimmung und gern in Kauf genommene Bauchschmerzen, auch das Anzünden von Kerzen erzeugt erfreulichen Schimmer, solange nicht jemand von »Candle Light Dinner«, oder, schlimmer, von »frauenfreundlichem Licht« daherquakt. Dafür setzt es Pfeile aus den Köchern aller Robin Hoods der Sprachliebe.
Nichts auch gegen Spendierhosen, wenn es nicht Tote sind, mit denen man sich brüstet. Campino flog nach Afrika, ein Schutzanzug war nicht mehr da, das Leben ist kein Video, mancher Mensch ein Audi, ohh ...
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