Gegründet 1947 Donnerstag, 23. Januar 2025, Nr. 19
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 01.12.1997 / Ausland

Klaus über Parteispendenaffäre gestolpert

Tschechischer Premierminister mußte seinen Rücktritt erklären

Der tschechische Ministerpräsident Vaclav Klaus hat als Konsequenz aus einer Spendenaffäre seinen Rücktritt angekündigt. Seine Erklärung am späten Samstag abend erfolgte, nachdem Staatspräsident Vaclav Havel ihn öffentlich dazu aufgefordert hatte. Zuvor hatten bereits seine beiden Koalitionspartner ihre Minister aus seinem Kabinett zurückgezogen. »Ich denke, es bringt nichts mehr, wenn diese Regierung weitermacht«, sagte Klaus auf einer vom Fernsehen direkt übertragenen Pressekonferenz nach elfstündigen Beratungen mit dem Vorstand seiner Demokratischen Bürgerpartei (ODS). »Natürlich kommt es für mich nicht mehr in Frage, in der nachfolgenden Regierung eine wichtige Position anzustreben.«

Zumindest bis zum Parteitag in zwei Wochen behält Klaus aber den Vorsitz der von ihm mitgegründeten ODS. Am 13. Dezember haben die Delegierten zu entscheiden, ob sie den 56jährigen in diesem Amt bestätigen wollen. Bereits zuvor hatten am Samstag acht Minister seiner Regierung ihren Rücktritt erklärt. Auch Staatspräsident Vaclav Havel hatte am Sonnabend im Rundfunk unverblümt den Rücktritt Klaus' verlangt. »Die einzig sinnvolle Lösung ist der schnellstmögliche Rücktritt der gesamten Regierung, allen voran des Ministerpräsidenten«, sagte er. Zu diesem Zeitpunkt hatte Klaus bereits sein halbes Kabinett verloren, weil die Christdemokraten (KDS) und die Demokratische Bürgerallianz (ODA) ihre acht Minister zurückzogen.

Es wird erwartet, daß die bisherige Koalition mit einem neuen Regierungschef fortgesetzt wird. Die ODA wählte am Samstag auf ihrem Parteitag den bisherigen Umweltminister Jiri Skalicky zum Nachfolger des bisherigen Parteichefs Michael Zantovsky. Skalicky wird damit die ODA in den kommenden Koalitionsverhandlungen vertreten.

Klaus wird vorgeworfen, als ODS-Vorsitzender dafür verantwortlich zu sein, daß die Partei vor zwei Jahren eine kompromittierende Spende über 7,5 Millionen Kronen (knapp 400 000 Mark) im Wahlkampf annahm. Erst in dieser Woche wurde bekannt, daß die Summe von dem Geschäftsmann und ehemaligen Tennisstar Milan Srejber stammte, der kurz zuvor im Zuge der Privatisierung eine der drei größten Stahlfabriken in Tschechien erworben hatte.

Klaus bestritt am Freitag erneut, daß er von der Herkunft der Spende gewußt habe. Der Vorgang war wieder ins Zentrum des Interesses gerückt, nachdem Außenminister Josef Zielenic im vergangenen Monat zurückgetreten war und Geheimniskrämerei um die Finanzierung seiner Partei als einen seiner Gründe dafür angegeben hatte.

(AP/jW)