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Aus: Ausgabe vom 02.05.1997 / Ausland

CDU dementiert Annahme von Schmiergeldern aus Frankreich

Hat französischer Ölkonzern für Verkauf von Minol gezahlt?

Die französische Presse enthüllte am Mittwoch neue Einzelheiten über die Empfänger der Schmiergelder, die der französische Ölkonzern Elf Aquitaine 1992 beim Kauf der ostdeutschen Minol-Tankstellen und bei den Vereinbarungen über das Raffinerie-Projekt Leuna bezahlt haben soll. Nutznießer der Gelder aus Frankreich sei, so hatte am Dienstag die Tageszeitung »Le Parisien libré« berichtet, die CDU gewesen. Während der »Nouvel Observateur« in seiner neuesten Ausgabe behauptet, bei der Übernahme der Minol-Tankstellen und Leunas sei eine Summe in Höhe von mehreren zehn Millionen Dollar nach Deutschland geflossen, beziffert der »Canard enchainé« den Inhalt der Börse für die CDU auf bis zu 230 Millionen Mark. Das Geld sei möglicherweise über eine Bank in Genf gegangen. Die Pariser Staatsanwaltschaft, die gegen Elf wegen des Verdachts der aktiven Bestechung ermittelt, hatte bestätigt, daß nach dem Verbleib von 44 Millionen Francs (etwa 13 Millionen Mark) im Zusammenhang mit dem Minol-Leuna-Geschäft geforscht werde.

»Nouvel Observateur« berichtete weiter, das Minol-Leuna-Geschäft zwischen der Treuhand und Elf sei Anfang der neunziger Jahre von Alfred Sirven vermittelt worden, einem engen Berater des damaligen Elf-Präsidenten Loik Le Floch-Prigent. Gegen Floch- Prigent wird bereits seit Monaten wegen anderer Korruptionsvorwürfe ermittelt; er wurde im Dezember nach sechsmonatiger Untersuchungshaft unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.

Die Enthüllungen könnten auch das mysteriöse Verschwinden von Dokumenten zur Elf-Korruptionsaffäre erklären. Aus einem Gebäude der für die Aufklärung von Finanzaffären zuständigen Polizei in Paris waren in der Nacht zum 20. April versiegelte Unterlagen verschwunden. Im französischen Rundfunk wurde bereits darüber spekuliert, ob der deutsche Geheimdienst in den Einbruch in das normalerweise sehr gut bewachte Gebäude im 13. Pariser Arrondissement verwickelt sei. Die Räume wurden am Mittwoch von Mitarbeitern der zuständigen Untersuchungsrichterin Joly durchsucht. Der Bundesnachrichtendienst (BND) bestritt in einer in Bonn verbreiteten Erklärung eine Beteiligung an dem Diebstahl.

CDU-Generalsekretär Peter Hintze wies die in der französischen Presse geäußerte Vermutung, mit den Schmiergeldern sei der Wahlkampf der CDU 1994 finanziert worden, entschieden zurück und erklärte in der ARD: »Die CDU hat keinerlei Gelder je aus Frankreich erhalten, weder direkt noch indirekt. Es ist eine besonders bösartige Erfindung und eine üble Unterstellung. Ich empfinde es besonders bösartig, daß damit offensichtlich der Versuch verbunden ist, die guten deutsch-französischen Beziehungen zu beschädigen.«

Auch die CSU schloß unterdessen aus, daß die bayerische Unionspartei etwas mit diesen Vorgängen zu tun haben könnte. Parteisprecher Maximilian Schöberl erklärte in München, Behauptungen, wonach die Millionen an die Christsozialen geflossen seien, seien eine »böse Unterstellung«. Daran sei »definitiv überhaupt nichts dran«. Es gebe keinerlei Zahlungen oder Verbindungen zu den in die Korruptionsaffäre verwickelten Firmen.

Die SPD-Opposition forderte die Bundesregierung auf, »zu den ungeheuerlichen Vorwürfen im Parlament Stellung zu nehmen«. Der Verdacht, daß Geschäfte mit der Treuhandanstalt der CDU zu einer »ansehnlichen Spende« verholfen hätten, müsse schleunigst ausgeräumt werden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, in Bonn. Falls sich die Verdachtsmomente erhärteten, müsse das Thema auch auf die Tagesordnung des Bundestages.

(AP/jW)

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