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Aus: Ausgabe vom 28.02.2015, Seite 16 / Aktion

Analysen für Aktive

Eine antifaschistische Zeitung muss über die nächste Blockadeaktion hinaus denken
Von Claudia Wangerin
Am 31. Mai 2014 demonstrierten Antifaschisten in Berlin gegen di
Am 31. Mai 2014 demonstrierten Antifaschisten in Berlin gegen die Verharmlosung rechtsextremer Kräfte in der Ukraine

Auf den ersten Blick sieht es düster aus für Antifaschisten in der BRD: Etablierte Gruppen haben sich im vergangenen Jahr aufgelöst, Rechte haben bewiesen, dass sie zu Massenmobilisierungen fähig sind. Auch wenn die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) sich schnell wieder zerlegten, bleibt das Potential an Frustrierten, die bereit sind, nach unten zu treten und sich gegen Flüchtlinge, Migranten oder auch hier geborene Menschen anderer Herkunft aufhetzen lassen, wenn sie Angst haben, im Kapitalismus alt werden zu müssen – und hoffen, der Staat würde ihnen mit dem Geld helfen, das er bei Asylsuchenden einsparen kann. Auch wenn jeder selbst entscheidet, ob er mit dem Finger auf Schwächere zeigt, reicht es nicht, dies moralisch zu verurteilen und entsprechende Demonstrationen zu blockieren. Vielmehr müssen Antifaschismus und soziale Frage verknüpft und solidarische Lösungen aufgezeigt werden. In der Theorie haben das einige Linke begriffen. In der Praxis fällt es ihnen schwer, das in einer Sprache zu tun, die nicht nur in der Szene oder in akademischen Milieus verstanden wird, und sich zu einigen, wer oder was noch diskussionswürdig ist – und wie eng oder wie weit der Faschismusbegriff gefasst werden muss.

Solange Faschisten nicht an der Macht sind, äußern sie Verständnis für Existenzängste und poltern auch mal gegen »die da oben« – um dann doch den Frust auf unterprivilegierte Minderheiten zu lenken. Bewegungen wie Pegida, deren Kernelement Rassismus ist, zeigen klar, was links und rechts unterscheidet: die Solidarität mit Schwächeren und ihr Gegenteil. Verschwommen war die Grenze, als rechte Redner bei den »Montagsmahnwachen für den Frieden« versuchten, die Schwäche der Linken und die Unerfahrenheit anderer auszunutzen, indem sie diesen Unterschied leugneten. Linke aber hatten auf den maßgeblich von rechten Kräften getragenen Putsch in der Ukraine und die Dämonisierung Russlands in deutschen Massenmedien kaum mit eigenen Aktionen reagiert. Bis auf wenige Ausnahmen nicht einmal, als in Odessa das Gewerkschaftshaus brannte. Ukrainische Neonazis werden in Deutschland auch von Grünen, die sich den Kampf gegen rechts auf die Fahnen schreiben, nicht als solche bezeichnet. In Sachen Außenpolitik ist die herrschende Klasse gespalten; auch Rechte versuchen mit scheinbar friedenspolitischen Positionen zu punkten. Die Feinde unserer Feinde sind eben nicht unsere Freunde. Eine antifaschistische Zeitung muss umso mehr differenzieren und Strategiedebatten fördern. Dieser Aufgabe stellt sich die junge Welt.

 

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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