Wieder mehr werden
Wer von Berlin mit dem Auto nach Kiew fahren will, kann das in einem, realistisch eher zwei Tagen schaffen. Es sind 15 Stunden Fahrt. Mit dem Flieger geht es schneller. Innerhalb weniger Stunden ist man im Herzen der Ukraine. Doch wer will dorthin? Es herrscht Krieg.
Nicht alle kann das schrecken. Es gibt eine Reihe von Kriegsprofiteuren in der Ukraine. Da wäre so mancher weit rechts stehende Politiker ohne Putsch und anschließende Kampfhandlungen wohl nicht in der Ämterriege aufgestiegen. Auch die Mordbanden faschistischer Couleur blühen beim fast pausenlosen Töten auf. Besonders berüchtigt ist das sogenannte Regiment Asow.
Einen imperialen Verbund wie die Europäische Union ficht das nicht an. EU-»Battlegroups«, also Schlachtgruppen, bestehen schon, eine »Europaarmee« ist noch in Planung. Jenes EU-Assoziierungsabkommen, dem sich der aus dem Amt gedrängte Präsident Wiktor Janukowitsch noch verweigert hatte, sieht unter anderem vor, die Ukraine eng an die »Europäische Verteidigungsagentur« zu binden. Die nach dem Putsch an die Macht geschwemmte Politikerriege unterzeichnete das Vertragswerk.
Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass in der EU nicht Brüssel, sondern Berlin den Ton angibt. Entsprechend fanden sich sowohl der jetzige ukrainische Präsident Petro Poroschenko als auch der nach dem Putsch eingesetzte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk schon in Berlin ein.
Die Wege sind kurz. Das sollte auch jenen Menschen zu denken geben, denen der Frieden hierzulande wichtig ist. Der Krieg, der Aufstieg bewaffneter faschistischer Banden, der Ausbau militärischer Kapazitäten: Es sind die Zutaten für eine viel weitreichendere Katastrophe, die sich in der Ukraine aneinanderreihen.
Soll es nicht dazu kommen, wird sich auch die Politik der BRD ändern müssen. Von den bisherigen politischen Brandstiftern wie Steinmeier, Merkel oder Gauck ist keine Einsicht zu erwarten. Angebracht wäre es, sich selbst für den Frieden einzusetzen.
Noch schwächelt die Friedensbewegung. Tausende fehlen auf der Straße. Das weiß man auch im Bundeskanzleramt. Die Frage »Wie mehr werden?« wird schon seit einiger Zeit diskutiert.
Dass es mehr werden müssen, daran besteht kein Zweifel. Gut besuchte und kämpferische Ostermärsche wären ein Anfang. Breite mediale Unterstützung ist dabei eher nicht zu erwarten. Von Welt bis taz wird geistig aufgerüstet. Bei der jungen Welt dagegen hat der Einsatz für den Frieden Tradition. So bleibt es auch.
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vom 04.04.2015