Spasibo – Danke!
Am diesjährigen 8. Mai dankten neben den Machern dieser Zeitung auch viele ihrer Leserinnen und Leser all jenen, die vor 70 Jahren eine welthistorische Befreiungstat vollbrachten. Dieser Dank entspringt tiefer humanistischer Überzeugung und konkretem Wissen über die geschichtlichen Zusammenhänge. Er steht nicht zuletzt in der Gründungstradition der jungen Welt. Das alles ist nicht selbstverständlich in einem Land, in dem die veröffentlichte Meinung dieses Datum mit allem möglichen verbindet, nur nicht mit denjenigen, die die Hauptlast der Befreiung trugen: Bevölkerung und Streitkräfte der Sowjetunion. Die Mahnung der Überlebenden bleibt Sonntagsreden vorbehalten, derweil täglich Geschichtsfälschung betrieben wird. Befreier werden zu Unterdrückern umgelogen, mit Faschisten gleichgesetzt. Das Grauen von Auschwitz wird zur Rechtfertigung neuer Angriffskriege missbraucht. Klar ist das Ziel: Ein sich wieder als Großmacht gerierendes Deutschland der Monopole will seine Interessen weltweit durchsetzen – auch mit Krieg.
Um so wichtiger ist es, dass es nicht beim Dank an die Richtigen bleibt, sondern auch etwas für das Richtige getan wird. Das verlangt zunächst, Tag für Tag über die Ursachen von Krieg und Faschismus aufzuklären und dabei die Rolle der Eigentumsverhältnisse nicht zu verschweigen. Das erfordert aber auch, für eine viel stärkere Verbreitung des als richtig Erkannten zu sorgen. Beides ist ebenso notwendig wie möglich. Jedoch nur, wenn Verlag und Redaktion gemeinsam mit einem immer größer werdenden Unterstützernetzwerk handeln können.
Dass wir dabei gut vorankommen, hat unsere 1.-Mai-Aktion eindrucksvoll gezeigt. In einer Gesamtauflage von 165.000 Exemplaren wurde die junge Welt in ganz Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und in der Tschechischen Republik verbreitet. Unsere Zielstellung wurde also deutlich überboten. Über 1.000 Unterstützerinnen und Unterstützer unterschiedlichen Alters und verschiedener politischer Auffassungen wirkten bei dieser Aktion mit und verteilten an mehr als 200 Orten.
Von dort erreichten uns bereits mehr als 100 Rückmeldungen in Form von Fotos, Kurzberichten und ausführlichen Schilderungen. Deutlich wurde eine große Vielfalt im Herangehen. An nicht wenigen Orten wurden die klassischen Briefkastensteckaktionen durchgeführt und dabei auf die lokalen Gegebenheiten geachtet. Einige Aktionsteilnehmer schrieben uns, dass sie gezielt in Vierteln mit politisch überdurchschnittlich interessierter Einwohnerschaft aktiv wurden. Andere machten es sich zur Aufgabe, Studentenwohnheime zu bestücken, um die »geistige Elite« auf Trab zu bringen. Viele verteilten ihre Zeitungen auf Maikundgebungen traditioneller wie alternativer Gewerkschaften, auf revolutionären Demos und antirassistischen Konzerten. Es gab auch wieder besonders kreative Begleitaktionen. Harald F. aus Suhl beispielsweise bestückte nicht nur Restaurants und Bäckereien in seiner Gegend. Er betrieb auch einen »Medieninfostand«, bei dem er mit Artikeln der jungen Welt für eine alternative Berichterstattung warb.
Diese Beispiele zeigen auch, wie wichtig das Know-how der einzelnen Unterstützerkollektive ist. Besonders haben wir das in Wien und Zürich erfahren. Hier waren jW-Mitarbeiter vor Ort, um für die jW zu werben. Durch die Hilfe der »Locals« konnten nicht nur die Aktionen erfolgreich durchgeführt, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für künftige Einsätze gewonnen werden. Bei derart großen Vorhaben bleibt es nicht aus, dass Probleme auftauchen. An solchen organisatorischer Art – verspätete oder fehlgeschlagene Anlieferung beispielsweise – werden wir arbeiten müssen. Andere ließen sich am Verteilort bewältigen. So konnten die zahlreichen Regenattacken nichts gegen den Willen der Verteilerinnen und Verteiler ausrichten. Nicht selten wurde berichtet, wie schwer es war, in der Fußgängerzone die Zeitung unter die Leute zu bringen. Doch selbst dort ließ man sich nicht entmutigen. Schwierigkeiten können auch mediale Blockwarte bereiten. In Wandlitz bot Andrej K. die jW vor einem Gymnasium an. Dies wollte man ihm untersagen. Andrej beharrte jedoch auf seinem Recht, vor der Schule zu verteilen. Der dienstbeflissene Lehrer zog von dannen – nicht ohne seine Version der Extremismustheorie zu grummeln …
So vielfältig die konkreten Anforderungen auch waren, so stand am Ende doch fast überall die befriedigende Erfahrung, gemeinsam erfolgreich gekämpft zu haben. Verschnaufpausen gibt es jedoch nicht: Bereits jetzt sind aus allen Teilen des Verbreitungsgebietes Probeabos bei uns eingetroffen, die zur Bearbeitung anstehen. Die Planungen für das nächste Jahr sind auch schon im Gange. Wir hoffen, dass dann möglichst viele der diesjährigen Aktionsteilnehmer wieder dabei sind! Die Notwendigkeit einer Zeitung, die den Befreiern von 1945 angemessen dankt, wird nicht abnehmen. Gerade deshalb gilt aber heute unser Dank auch allen Unterstützerinnen und Unterstützern, die sich durch ihre Mitwirkung an der 150.000er-Aktion an einer aufklärerischen Tat beteiligt haben. Ohne Euch könnten wir Aktionen solcher Größenordnung nicht stemmen. Wir freuen uns auf den weiteren gemeinsamen Kampf!
Verlag, Redaktion, Genossenschaft
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!