Fußball: Blatters Ende
Zürich. Keine 100 Stunden nach seiner Wiederwahl hat Josef Blatter am Dienstag abend angekündigt, als FIFA-Präsident zurücktreten zu wollen. Nach 17 Jahren Amtszeit scheinen dem 79jährigen die Korruptionsvorwürfe endgültig über den Kopf gewachsen zu sein. Am Mittwoch erschien der Schweizer in seinem Büro im Züricher FIFA-Stammhaus ganz normal zur Arbeit. »Bis zur Wahl seines Nachfolgers ist der Präsident immer noch der Präsident«, sagte eine FIFA-Sprecherin. Sie betonte: »Alles geht weiter wie bisher«.
Das könnte eine Drohung sein. Denn wie war es bisher? Schon 1998 bei seiner ersten Wahl zum Präsidenten wundert sich sein unterlegener Kontrahent Lennart Johansson, dass viele Delegierte, die ihm fest ihre Unterstützung zugesagt haben, für Blatter stimmten. 2002 erstatten elf Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, darunter fünf Vizepräsidenten, Anzeige gegen Blatter wegen des »Verdachts der Veruntreuung und der ungetreuen Geschäftsbesorgung«, trotzdem wird Blatter wiedergewählt. Im selben Jahr wird die WM in Südkorea und Japan, die erste auf asiatischem Boden, von einem Ticketskandal erschüttert – wie auch die nachfolgenden WM, denn teilweise werden Eintrittskarten von FIFA-Exekutivmitgliedern auf dem Schwarzmarkt veräußert. 2010 bekommen Russland und Katar die WM 2018 und 2022 zugesprochen, vor allem Katar ist eine Sensation, weil man da im Sommer keinen Fußball spielen kann. Blatter empfiehlt Homosexuellen während der WM 2022 in Katar auf Sex zu verzichten – »aus Respekt« gegenüber dem Gastgeber, weil dort Homosexualität »illegal« sei. Bei der FIFA-Präsidentenwahl 2011 in Zürich will dann Mohammed Bin Hammam aus Katar Blatter stürzen, zieht aber zurück nach heftigen Korruptionsvorwürfen. Aufgeben muss FIFA-Vize- und CONCACAF-Präsident Jack Warner aus Trinidad und Tobago wegen einer Schmiergeldaffäre. Geredet wird ab 2013 dann über die Sklavenarbeiter auf den Stadionbaustellen in Katar. Im Mai 2015 werden zwei Tage vor dem FIFA-Kongress in Zürich sieben FIFA-Funktionäre festgenommen, darunter zwei FIFA-Vizepräsidenten. Die Anklageschrift des New Yorker Gerichts belastet 14 Personen, darunter neun aus dem direkten FIFA-Umfeld, schwer. Die Vorwürfe lauten Korruption und Bildung krimineller Vereinigungen. Auf dem Kongress wird Blatter trotzdem mit 133:73 Stimmen gegen Prinz Ali bin Al Hussein (Jordanien) in seine fünfte Amtszeit gewählt. (dpa/jW)
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