Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 20.06.2015, Seite 16 / Aktion

Die Krise Griechenlands: Eine Rachestory in mehreren Bänden

Von Arnold Schölzel

Petros Markaris hat mehrere Krisenkrimis geschrieben, die in Athen seit 2010 spielen. Zur sozialen Absturzszenerie im Hintergrund der Ermittlungen seines Kommissars Kostas Charitos gehören Menschen, die sich aus Mülleimern versorgen, Migranten, die von Neofaschisten gejagt und ermordet werden, Familien, die ihre Wohnungen verlieren oder am Essen sparen, Rentner, die im Flughafengebäude »wohnen« und Wutausbrüche, täglicher Protest. Charitos, den Markaris seit zwei Jahrzehnten Mordfälle aufklären lässt, landet bei seinen Fahrten zu Tatorten, Zeugen oder Verdächtigen ständig in Straßen, die wegen Demonstrationen gesperrt sind. Politische Organisationen, die Widerstand organisieren, kommen allerdings nicht vor. Zu Deutschland, EU oder Frau Lagarde vom Internationalen Währungsfonds herrscht Galgenhumor. Motto: Gegen die kann keiner.

Rache gilt in den Charitos-Bänden fast allein den inländischen Krisenverursachern, was für Markaris heißt: Die griechische Geschichte der vergangenen Jahrzehnte kommt ins Spiel. Die Plots rühren direkt aus ihr her, von Kollaboration und Widerstand im Zweiten Weltkrieg über den von den Westmächten angefachten Bürgerkrieg zur Vernichtung des kommunistischen Widerstandes bis zur von der »freien Welt« gestützten brutalen Militärdiktatur zwischen 1967 und 1974 – ein unerschöpfliches Reservoir für Mordmotive und für die Rachestory von Markaris in mehreren Bänden. Er schreibt jedenfalls in seinem Essayband »Finstere Zeiten« (2012): »Für mich besteht kein Zweifel daran, dass die politischen Eliten von der frühen Nachkriegszeit bis heute die Hauptschuld für den Zusammenbruch des Landes tragen. Sie haben durch ihre Klientelmentalität das Land an den Rand des Abgrunds gebracht.« Das reicht für jede Art von tödlicher »Abrechnung« – wie die im gleichnamigen Band mit der Generation, die durch den Studentenaufstand vom 17. November 1973 zwar das Ende der Diktatur einleitete, aber seither, so meint der Mordanstifter, nur noch »kassierte«.

Petros Markaris: Abrechnung. Ein Fall für Kostas Charitos. Diogenes Verlag, Zürich 2013, 336 Seiten, 22,90 Euro

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Mehr aus: Aktion