Wessen Traum?
Von Wiglaf DrosteWenn die Insassen des Landes einmal nicht so wollen, wie sie sollen, ist das Gejammer groß. »Ein Traum«, so war zu vernehmen, sei ausgeträumt, weil es im Jahr 2024 keine Olympischen Spiele in Hamburg geben wird. Wessen »Traum« war das? Meiner nicht, und mir ist auch niemand persönlich bekannt, dem eine gigantomanische Geldspiele-statt-Brot-Veranstaltung am Herzen gelegen hätte. Das mag daran liegen, dass ich der großen Koalition aus Finanzwelt, Politik und den ihnen angeschlossenen Medien nicht angehöre. Den Traum, aus der Welt einen globalen Alptraum zu machen und von dem Elend zu leben, in das man andere stößt, träumte ich bisher noch nicht und werde auch nicht mehr damit anfangen.
Der Entscheid gegen die Austragung der Olympischen Spiele ist der Ausdruck einer Restvernunft, die als Spaßbremserei und als feiges Einknicken vor Bombenlegern denunziert wird. Das nutzt aber nichts; dieser Traum ist tatsächlich geplatzt, und das ist gut und richtig so – abgesehen davon, dass es eine Freude ist, wenn die Abgreifer einmal nicht zum Zuge kommen.
P. S.: Ich habe nichts gegen Olympia; auf einer »Olympia Monika« lernte ich vor etwa 40 Jahren Schreibmaschine schreiben und schaffte viele Anschläge pro Minute, aber das Wort »Anschläge« hat seine Bedeutung unterdessen stark verändert; die Formulierung »bis zum Anschlag« gilt im Jahr 2015 als Drohung, und Schreibmaschinen sind aus der Mode gekommen.
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