Der saure Apfel
Von Frank BurkhardAls Hans Magnus Enzensberger 1961 auf einem Treffen von Ost- und West-PEN die DDR madig machen wollte, bekam er von Peter Hacks erklärt: »Der Unterschied zwischen der DDR und der Bundesrepublik ist der zwischen einem sauren und einem faulen Apfel.« Die Bildhauerin Christiane Rößler (geb. 1972), die Hacks und seine Frau Anna Elisabeth Wiede gekannt hat, fühlte sich zu einer Skulptur angeregt. Sie bildet den Blickfang in der nach Hacks’ Ausspruch benannten Ausstellung in der jW-Galerie, die am Dienstag eröffnet wurde.
Rößler ist mit Künstlerinnen, Künstlern und Wissenschaftlern, die das geistige Leben in der DDR mitbestimmten, in Kontakt getreten. Das Ergebnis sind zwölf Porträts, Köpfe in Bronze, in denen charakteristische Züge der Porträtierten herausgearbeitet sind. Man konnte sich im Fall des Literaturwissenschaftlers Robert Weimann davon überzeugen, der zur Vernissage gekommen war. Indirekt war auch Inge Keller zugegen, die an diesem Tag 92. Geburtstag begehen konnte. Sie hatte für die Galerie eine Tonaufnahme eingesprochen, Brechts »Kinderhymne«.
Geburtstag feierte ebenfalls Peter Bause, der mit Rößler und Renate Richter (deren Mann Manfred Wekwerth zu den Porträtierten zählt) ein gedankenreiches literarisches Programm vortrug, u. a. mit Texten von Hacks und Wiede. Dabei erwies sich die Vielseitigkeit der Bildhauerin, die eigene Tagebucheinträge und Briefe über die Begegnungen mit ihren prominenten Modellen vortrug und sich auch als Lesekünstlerin nicht verstecken muss. Auf Bild- und Texttafeln kann man das in der jW-Galerie nachvollziehen und findet dabei so manch treffendes Zitat, etwa von Hermann Kant: »Der Mensch ist seinen Idealen nicht gewachsen.« Auch Worte des Abschieds fallen, denn einige der Dargestellten sind nicht mehr unter uns. Gut, dass die Bronzen bleiben werden!
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