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Aus: Ausgabe vom 21.12.2015, Seite 11 / Feuilleton

Großer Bahnhof

»Für Masur gab es nicht U- oder E-Kunst, sondern nur gute und schlechte«, erklärte der Kabarettist Bernd-Lutz Lange am Wochenende. »Er hatte so ein erfülltes Leben. Was will ein Mensch mehr erreichen?« Am 9. Oktober 1989 gehörte Lange zu den Verfassern des bei der Montagsdemonstration von Kurt Masur verlesenen Aufrufs der »Leipziger sechs« zum Verzicht auf Gewalt. Masur, damals schon hochverdienter Orchesterchef in der Messestadt, erklärte vor rund 70.000 Menschen: »Wir alle brauchen einen freien Meinungsaustausch über die Weiterführung des Sozialismus in unserem Land (…) Wir bitten Sie dringend um Besonnenheit, damit der friedliche Dialog möglich wird.« Diese zudem von einem Pfarrer und drei Sekretären der SED-Bezirksleitung unterzeichnete Wortmeldung soll großen Anteil daran gehabt haben, dass es an diesem Montag weitgehend friedlich blieb in der Stadt, in der Masur 1970 Gewandhauskapellmeister geworden war. Der Nachfolger von Legenden wie Felix Mendelssohn Bartholdy oder Wilhelm Furtwängler kämpfte für einen Konzerthaus-Neubau, der 1981 eröffnet wurde (als einziger in der DDR). Bis 1996 blieb er Kapellmeister in Leipzig, von 1991 bis 2002 war er Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, anschließend des London Philharmonic Orchestra. Mehr als 100 Aufnahmen verschiedener Orchester wurden unter ihm eingespielt, darunter die Symphonien von Beethoven, Bruckner, Brahms und Mendelssohn. Beigesetzt wird er in Harrison an der Grenze der Bundesstaaten New York und Connecticut, wo er am Samstag starb; im Leipziger Gewandhaus soll heute ein Kondolenzbuch ausgelegt werden. (dpa/jW)

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