Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 13.01.2016, Seite 10 / Feuilleton

»Landscape with JO«. Bowie und die Brücke-Maler

Von Michael Sommer

Das Bild zeigt einen Jungen, blass und ängstlich. »Da wo der Junge stand, war der Eingangsbereich meines Wohnhauses«, erzählte der Maler später. »Die Treppe hoch im dritten Stock war eine Zahnarztpraxis.« Entstanden ist das in kräftigen Rot- und Grüntönen gehaltene Ölgemälde »Child in Berlin« 1976, gemalt hat es David Bowie, der von 1976 bis 1978 im Bezirk Schöneberg lebte. Im selbstgewählten Exil in der Mauerstadt machte er nähere Bekanntschaft mit den Werken der Brücke-Gruppe, gegründet 1905 in Dresden von den Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff. Das Studium ihrer expressionistischen Werke sollte Bowies bildnerisches Schaffen stark beeinflussen.

Er schuf in Berlin ausdrucksstarke Porträts. Sein zeitweiliger Mitbewohner Iggy Pop stand zum Beispiel Modell für das Bild »Berlin Landscape with JO«, das James Osterberg alias Iggy Pop vor einem blassblauen Himmel und kahlen Bäumen zeigt – gemalt ganz im Stil von Bowies Vorbildern, unter denen Erich Heckel wohl einen besonderen Stellenwert einnahm. Dessen Gemälde »Roquairol« stand nicht nur Pate bei dem Artwork des Albumcovers von »Heroes« (übrigens die einzige Platte der sogenannten Berlin-Trilogie aus »Low«, »Heroes« und »Lodger«, die wirklich vollständig in Berlin aufgenommen und produziert wurde), sondern auch für das Foto, das Bowie für das Cover von Iggy Pops »The Idiot« aufnahm. Man beachte die expressive Haltung der Hände. »Roquairol« stand bei Heckel für die zerrissene Künstlerexistenz schlechthin, vermerkte der Spiegel in einer Rezension des Bandes »Erich Heckel – Lebensstufen« (Dresden 1992). Ein Schema, das Bowie offenbar bereitwillig für sein Selbstbild und eine gewünschte Außenwirkung übernahm.

Die Malerei hat Bowie über die Berlin-Zeit hinaus betrieben. Zu den zahlreichen Werken aus der »D Head«-Reihe gehören neben Selbstbildnissen auch Porträts von Mitmusikern, z. B. von Reeves Gabrels, mit dem Bowie in der Band Tin Machine spielte, oder von Pianist Mike Garson, der Bowie auf vielen Tourneen begleitete und auf mehreren Alben zu hören ist.

Mit einer Schau von rund 100 Werken würdigt das Brücke-Museum in Berlin-Dahlem gerade Max Pechstein, ein weiteres Mitglied der Künstlergruppe. Eine Ausstellung mit Bowie-Werken könnte helfen, den bildenden Künstler hinter dem Popstar zu entdecken.

Ähnliche:

  • Am Samstag zu sehen: »Es wird werden« von Ulrich Stettner, Öl au...
    06.01.2016

    »Raus aus der Galerie!«

    Wir haben keine Herren, aber realistische Kunst: Eine Ausstellung bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Ein Gespräch mit der Gruppe Tendenzen,

Regio:

Mehr aus: Feuilleton