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Aus: Ausgabe vom 08.02.2016, Seite 10 / Feuilleton

Phantom in Braun

Von Wiglaf Droste

In Baden-Württemberg werden demnächst wieder Rechtsradikale im Landtag vertreten sein. Ist Hans Filbinger wiederauferstanden? Nein, die AfD kann so was von alleine, dass sogar die erfolglose Konkurrenz von der NPD über die finalen Grenzschutz-Schuss-Erwägungen der AfD herummault. Rechtsradikale Volksvertreter? Als Schuhabtreter oder Schuhcremevertreter für Erdal braun wären sie mir lieber, aber sie werden ja gewählt. Auf die Frage, warum weiß ich außer der anthropologischen Konstante Niedertracht und frei flottierenden »Denen zeig’ ich’s!«-Phanta­sien keine Antwort. Es wird der oder die Rechtsradikale nicht ernsthaft gesellschaftlich geächtet, sondern es wird im Gegenteil die Meinungsfreiheit, die Rechtsradikale außer für sich selbst und ihresgleichen kein Deut interessiert, zu ihren Gunsten ausgeleiert, bis sie schlapp, am Boden und leicht zu kassieren ist. Wär’ ja nicht das erste Mal.

Demokraten haben gegenüber Nichtdemokraten den strategischen Nachteil, sich an demokratische Gepflogenheiten zu halten und ihren Maßgaben entsprechend zu handeln. Für das in Phantasialand stattfindende Ausleben archaischer Tagträume – auf eigene Faust, oder, wie bei Til Schweiger, auf eigene Panzerfaust, »aufzuräumen«, endlich mal »den ganzen Dreck wegzumachen«, das einengende juristische Regelwerk zu durchbrechen, das demokratische Korsett abzustreifen und atavistische Weltvorstellungen als »Recht und Ordnung« zu deklarieren – sind entsprechende Filme im Kino, im TV und im Computer überreichlich vorhanden. Gewählt aber wird in der sogenannten wirklichen Wirklichkeit, und das kann sehr konkrete Folgen nach sich ziehen: Eine demokratisch legitimierte Minderheit lässt die Mehrheit nach ihrer Pfeife einen Abschieber nach dem anderen tanzen.

Die »etabliert« genannten Parteien – früher: »Systemparteien« – machen es den Rechtsradikalen leicht: Sie übernehmen entweder in weiten Teilen die Forderungen der Rechtsradikalen oder sind durch Lobbyismus und andere Formen der Korruptheit alles andere als taugliche Werbemittel für demokratisch verfasste Verhältnisse. Mit Phantomdemokraten lässt sich kein demokratischer Staat machen.

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