Blondfaktor 0070
»Spy Game« beweist: Agententhriller brauchen keine Liebe
Michael GirkeWer erinnert sich an »Spion & Spion«? Dieses Mad-Comic reduzierte das aus Film und Wirklichkeit bekannte Agentengeschehen auf Schattenrisse: Ein schwarz und ein weiß gezeichneter Spion versuchten sich in jeder Folge aufs Neue in blutige Fallen zu locken und zu beseitigen. Agenten ohne Politik und Ideologie, auf ewig gefangen in ihren Rollen. So erschien der Agententhriller nach dem Ende des kalten Krieges. Weil James Bond und Kollegen nichts anderes gelernt hatten, machten sie in unzähligen Filmen weiter. Nach und nach tauchten aber Agenten auf, die von der Sinnlosigkeit ihrer Aufgabe in einer Welt ohne Systemwettstreit in Melancholie oder Irrsinn getrieben wurden; Agenten, die mehr oder weniger verzweifelt neue Gegner suchten (in James Camerons »True Lies« zum Beispiel wird der CIA-Apparat eingesetzt, um einem eifersüchtigen Agenten beim Ausspionieren seiner Familie zu helfen). Selbst wenn der Agententhriller nicht in kompletten Zynismus verfiel und immer wieder nur Anlässe schuf, bevorzugt aus dem arabischen Raum stammende »Gefahren für die Menschheit« in pittoresken Szenarien umnieten zu lassen, erschien er als bloßes Vehikel: Gedreht, um Stars Gelegenheit zu geben, vor Explosionen davonzulaufen - an weniger als 30 Meter Abstand zu einem einstürzenden Hochhaus erkennt man wirklich mutige Schauspieler.
Vielleicht versucht »Spy Game« einen etwas anderen Blick auf jenen Apparat ins Genre einzuführen, der die Agenten in Lohn und Brot hält. Das aus 1001 Filmen bekannte, technokratisch kalte Spionagespielfeld wird herausgefordert von Agenten, die ihre persönliche Ethik über Apparat und Nation stellen. Der von Robert Redford gespielte, kurz vor der Pensionierung stehende alte Agent warnt seinen von Brad Pitt gespielten Agentenzögling: Sollte er aufgrund von Mißachtung...
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