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Bundeswehr im braunen Sumpf

Neuer Fall von Nazi-Parolen kommt vor Untersuchungsausschuß

Der Untersuchungsausschuß des Bundestages zur Klärung rechtsextremer Aktivitäten in der Bundeswehr hat schon wieder neue Arbeit bekommen: Am Wochenende wurden schwere rechtsradikale Entgleisungen mit antisemitischen und ausländerfeindlichen Parolen in der Ausbildungskompanie des Fallschirmjägerbataillons 313 im niedersächsischen Varel sowie ein neues Nazi-Video aus der Franz-Josef-Strauß-Kaserne in Altenstadt/Schongau bekannt. Nach Angaben der verteidigungspolitischen Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, Angelika Beer, wird sich der Untersuchungsausschuß auch mit diesen Vorgängen befassen müssen.

Die Zeitung »Bild am Sonntag« berichtete über eine eidesstattliche Versicherung des Ex-Rekruten Christian Krause, wonach es »regelmäßig etwa zwei- bis dreimal im Monat zu rechtsradikalen Ausschreitungen« in seiner Kaserne in Varel gekommen sei. Nach Angaben des 21jährigen Sohnes des ehemaligen Bundesverkehrsministers Günther Krause gab es in seiner Einheit mindestens drei rechtsradikale Unteroffiziere.

»Immer wieder wurde auf Feiern auf den >Führer< angestoßen«, zitierte das Blatt aus der Erklärung. Mehrere Unteroffiziere hätten den Hitlergruß gezeigt und »Sieg Heil« gerufen. Während eines Manövers habe ein Unteroffizier fremdenfeindliche Parolen gepöbelt. Einige Kameraden hätten sofort mitgegrölt. Es seien »entsetzliche Sätze wie >die Juden müssen vergast werden< und >Ausländer raus<« gefallen.

Ende Juli habe ein Kamerad die Vorfälle gemeldet, doch sei nichts passiert. Rechtzeitig vor einer Untersuchung der Einheit durch den Militärischen Abschirmdienst sei säckeweise rechtsradikales Material beiseite geschafft worden, berichtete Krause weiter.

Wie das Blatt weiter meldet, hat Bundesverteidigungsminister Volker Rühe angeordnet, daß ein Beauftragter des Heeresinspekteurs noch am Wochenende in Varel ermittelt und dem Minister bis Montag berichtet.

Rühes Sprecher Hans-Dieter Wichter bedauerte, daß sich Krause nicht rechtzeitig und vertrauensvoll an seine Vorgesetzten gewandt habe. Dessen Vater hatte erst kürzlich öffentlich die Möglichkeit eines politischen Comebacks erwogen. 1991 war es zwischen Volker Rühe und den Landesverbänden der Ost-CDU zu Spannungen gekommen, weil der damalige CDU-Generalsekretär die »mangelhafte inhaltliche und personelle Erneuerung« der Ost-CDU öffentlich gerügt hatte.

Am Sonntag berichtete »Focus TV« von einem neuen Skandal-Video aus der Fallschirmjäger-Kaserne in Altenstadt, wo bereits wegen eines ähnlichen Falles ermittelt wird. Der Mitteilung zufolge »agieren Unteroffiziere und Offiziersanwärter verkleidet als Hitler, spielen sexuelle Übergriffe auf jüdische Frauen nach und üben sich in Hitlergruß und zackigen Parolen«. Einer der Darsteller sei noch immer aktiver Offizier.

Beer erklärte in Bonn zu den Vorgängen in Varel, es gehe wieder einmal um falsch verstandene Kameradschaft und Sympathie mit rechtsextremistischem Gedankengut auch bei den Vorgesetzten.

(jW/AP)

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