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Aus: Ausgabe vom 19.03.2016, Seite 10 / Feuilleton

Ein deutliches »Non«

Die Pariser Buchmesse wird von Politikern und Köchen beherrscht
Von Hansgeorg Hermann
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Das Getränk steht: Staatspräsident Hollande im Messetrubel

Parallel zur Leipziger läuft die Pariser Buchmesse, die größte in Frankreich (1.200 Verleger, 3.000 Autoren aus 40 Ländern, 200.000 Besucher). In den Hallen wird bis Sonntag auch gekocht. Schließlich gibt es fast mehr Köche als Politiker, aber eben nur fast. Neben den Brutzlern, die sich meist als Schüler des multiplen Geschäftsmanns Paul Bocuse bezeichnen, die »Männer der Republik«, Nicolas Sarkozy an erster Stelle; jW berichtete über seinen mageren Schinken »La France pour la vie« (Edition Plon). Sarko dicht auf den Fersen die »politischen Gegner«, überall, links wie rechts: François Fillon, Jean-François Copé, Alain Juppé, Jean-Luc Mélenchon, Bruno Le Maire und wie sie alle heißen. Es sei den Verlegern verziehen. Sie müssen ihr Geld mit Mist verdienen.

Wohlwollen verdient ein nobles Werk, das der große Buchdrucker Gallimard vollbracht hat: Henri Michaux, Poet, Maler, Meskalinexperte (1899–1984), vorgestellt in einer ganz besonderen Biographie. Sein 50 Jahre später geborener belgischer Landsmann und Romancier Jean-Luc Outers hat Michaux’ Briefe zusammengetragen, danach den besten Titel gewählt, den einer für den kafkaesken Verweigerer finden konnte: »Donc c’est non«, »Daher sage ich nein« auf gut Deutsch (198 Seiten, noch nicht übersetzt). Keine Interviews, keine Fotos, keine Preise, keine Orden. »Nein« zu Direktoren jeglicher Revue, »diesen Hastigen, Hungernden, Nervigen«. Im Verborgenen leben und schreiben, Amateur bleiben. Denn, einen Moment nicht aufgepasst, und schon hast du den »Prix Goncourt« am Hals. So blieb der große Michaux im Schatten und nannte die auf Preise scharfen Kollegen der stumpfen Feder »Jockeys des Grand Prix, auf Nacktschnecken reitend«.

Ein zweiter, bewundernd-langer Blick fällt auf den Kleinverleger Antoine Jaccottet, der seit Jahren das Beste liefert, was in Paris an Literatur für die Ewigkeit zu haben ist. Hervorragende Übersetzungen von beinahe schon im Nebel des Vergessens Versunkenem. Seine Edition »Le Bruit Du Temps« (»Der Lärm der Zeit«, Titel eines berühmten Gedichts von Ossip Mandelstam), besteht aus bibliophilen Kostbarkeiten: Anna Achmatowa (»Elégies du Nord«), Isaak Babel (»Histoire de mon pigeonnier«), Zbigniew Herbert (»Un barbare dans le jardin«), Annette von Droste-Hülshoff (»Judenbuche«) und solchen des großen Homer-Übersetzers Philippe Jaccottet, dem Vater des Verlegers.

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