Katastrophe bleibt unaufgeklärt
Das Duisburger Landgericht hat die Anklagen wegen der Katastrophe bei der Loveparade mit 21 Toten und Hunderten Verletzten im Jahr 2010 abgelehnt. Die vorgelegten Beweise reichten nicht aus, um einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen und das Hauptverfahren gegen die zehn Angeklagten zu eröffnen, erklärte das Landgericht am Dienstag. Eine Hauptverhandlung dürfe nur eröffnet werden, wenn sie mit »hinreichender Wahrscheinlichkeit« zu einer Verurteilung führe.
Wegen der Tragödie am 24. Juli 2010 hatte die Staatsanwaltschaft vor gut zwei Jahren Anklage gegen sechs Bedienstete der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter der Loveparade-Veranstalterfirma erhoben. Ihnen werden fahrlässige Tötung und Körperverletzung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hat sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts eingelegt. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Julius Reiter, der Hinterbliebene der Loveparade-Opfer vertritt, sprach von einem Justizskandal. Es sei »eine Bankrotterklärung der Justiz, dass nach mehr als fünfeinhalb Jahren Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft die Anklage nicht zugelassen und das Hauptverfahren nicht eröffnet wird«, sagte er der Rheinischen Post. Ein Vater, der bei der Loveparade-Katastrophe vor fast sechs Jahren seine Tochter verloren hatte, zeigte sich bestürzt über die Entscheidung. »Ich fühle mich retraumatisiert, das wirft mich einfach wieder auf den Stand der Dinge von 2010 zurück«, sagte Manfred Reißaus gegenüber dpa am Dienstag.
Die Richter verwiesen zur Begründung ihrer Entscheidung auf das Gutachten eines Sachverständigen, auf dem die Anklage der Staatsanwaltschaft beruht. Dieses leide an »schwerwiegenden inhaltlichen und methodischen Mängeln« und sei »nicht verwertbar«, erklärten sie. Trotz der Absage an ein Strafverfahren wird sich das Landgericht Duisburg in mehreren Zivilprozessen weiter mit dem Unglück beschäftigen. Am 11. Mai gebe es die nächsten Verfahren, bei denen Opfer Schmerzensgeld von den Verantwortlichen verlangen, teilte das Gericht am Dienstag mit. Anders als in einem Strafverfahren geht es allerdings nicht darum, die Ereignisse umfangreich aufzuklären. (dpa/AFP/jW)
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