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Aus: Ausgabe vom 01.08.2016, Seite 10 / Feuilleton

Autoaggression

Von Wiglaf Droste

Manchen jüngeren Menschen, zumeist Männern, denen dann aber häufig auch noch bis ins gesetzte Alter, muss man beibringen, dass der Begriff Autoaggression kein Kompositum aus Auto und Aggression ist, keine Aggression, die mit dem Auto gegen andere gerichtet wird.

Was viele Verkehrsteilnehmer als ihren Beitrag zum öffentlichen Straßenverkehr abliefern, lässt nur den Rückschluss auf genau diesen Irrtum zu, der sich im Kopf vulgo Sonnenbrillenständer des oder der Delinquenten festgesetzt hat: Ich ich ich zeig’s euch allen allen allen, ich beweise mir und euch, dass ich schneller bin als jeder andere, also rein in die Karre, und immer gib ihm Ajax, weißer Wirbelwind kavaliersstartet durch, wrumm, quietsch, jaul, dröhn, was willst du Arsch da? Gö weck! Gas is’ rechts, gib die Bahn frei, ich bin hier, ich ganz allein, ihr seid eine Illusion ... Ooops, der Baum war leider keine. Und schon gibt es neben der Allee ein Holzkreuz für einen Mark-Kevin oder einen Rocco mehr beziehungsweise weniger.

Aaalso: Autoaggression ist eine Aggression gegen sich selbst; die zwei Silben Au und to haben nichts mit einem Fahrzeug zu tun, sondern, wie auch das Autoimmunsystem oder die Autonomie, mit einem Selbst, mit einem Eigenen. Autark sein heißt nicht, mit dem Auto durch die Arktis zu fahren; man ist nur selbstversorgend unabhängig; Autarkie ist das Gegenteil von Egozentrik.

Auto kommt eben nicht von Autismus, obwohl man das manchmal spaßeshalber sagt, wenn man wieder einem Vollegomanen mit Reifen untendran ausgesetzt oder ausgeliefert ist; Auto ist die Abkürzung von Automobil und bedeutet, dass man mobil ist und also von A nach B gelangen kann, und das ohne auf andere oder auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, die bezeichnenderweise »Öffis« genannt werden, weil man sie genauso geringschätzt und -achtet wie alle öffentlichen Einrichtungen, von Denkmälern bis hin zu Toiletten.

Wer an und unter Autoaggression leidet, muss das mit sich selbst ausmachen, so sagt es schon das Wort; es als Aufforderung misszuverstehen, sich den Wagenschlüssel zu schnappen und loszubrettern, kann tödliche Folgen haben, vor allem auch für die anderen Kinder. Das ist dann nicht mehr nur im Singular autoaggressiv, sondern im Plural autohausaggressiv, und das mögen die anderen Kinder, also zum Beispiel ich jetzt, überhaupt nicht leiden.

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