SPD macht Ballett
Von Gisela SonnenburgKurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin ließen der Regierende Bürgermeister Michael Müller und sein Staatssekretär für Kultur, Tim Renner (beide SPD), eine Bombe platzen: Sie haben Verträge mit der Choreographin Sasha Waltz (mutmaßlich ebenfalls SPD) und Johannes Öhman abgeschlossen. Letzterer ist als Chef des Königlichen Schwedischen Balletts bisher kaum aufgefallen. Ab 2019/20 soll er nun mit Waltz gemeinsam das Staatsballett Berlin leiten. Der Vertrag des dort amtierenden Spaniers Nacho Duato läuft dann aus. Dass sowohl Waltz als auch Öhman als Intendanten bezahlt werden sollen, versteht sich von selbst.
Die Ballettwelt ist schockiert, denn Waltz hat zwar mit Tanz und diversen Crossover-Künsten zu tun, aber fast nichts mit Ballett. Und Öhman ist nicht nur ein Nümmerchen zu klein für das renommierte Berliner Ballett, sondern mindestens fünf Nummern. Die Strategie der Berliner SPD ist nochmals klargeworden: Kultur soll vor allem eine Bespaßung der Massen sein, während für höhere Kunst von und mit Könnern kein Cent mehr übrig ist.
Stardirigent Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper in Berlin, darf sich als heimlicher Sieger des Gemetzels ums Staatsballett die Hände reiben. Er zählt zu jenen Kräften, die Sasha Waltz seit langem ins Ballett holen wollen. Barenboim hofft vermutlich zu Recht, durch Waltz und Öhman keine Konkurrenz zu haben – anders als durch Vladimir Malakhov, der bis 2014 Ballettchef in Berlin war und mit dem Ensemble, ähnlich wie John Neumeier in Hamburg, zu einer weltweit beachteten Größe wurde.
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