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Aus: Ausgabe vom 01.10.2016, Seite 16 / Aktion

Brauchen wir eine linke Kulturzeitschrift?

Zu Geschichte und Zukunft von Melodie und Rhythmus
Von Dietmar Koschmieder
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Melodie und Rhythmus, 1957 als Fachblatt für Unterhaltungsmusik in der DDR gegründet, wird rasch eine sehr begehrte Kulturzeitschrift. Autoren setzen sich mit sozialistischer Kulturpolitik auseinander, so etwa Karl-Eduard von Schnitzler, der sich in einem Beitrag darüber beschwert, dass DDR-Journalisten aus reiner Bequemlichkeit oft nur die Begleitzettel zu den Neuproduktionen der Schallplatten-VEB abschreiben. 1991 stellt der Henschelverlag das Magazin ein: Bunte Musikzeitschriften gibt es seit 1990 jede Menge. 2004 wiedergegründet, soll M&R 2009 vom Markt verschwinden. Denn auch als Ostrockblatt mit enger Bindung an die hier ansässigen Musikkonzerne kann weder große noch kleine Knete gemacht werden.

Aber der Verlag 8. Mai GmbH, in dem auch die Tageszeitung junge Welt erscheint, übernimmt Melodie und Rhythmus 2009. Die ersten Änderungen erfolgen behutsam, die Berichterstattung über Musikproduktionen im deutschsprachigen Raum bleibt Schwerpunkt. Mit den Musikkonzernen wird hart um die Titelseitengestaltung gerungen: Verlag und Redaktion versuchen, ihre eigene Sicht auf die Dinge schon dort sichtbar durchzusetzen. Was zunächst nur ansatzweise gelingt, denn der Einfluss der Industrie ist groß. Wichtigste Änderung: In jeder Ausgabe stehen inhaltliche Themen im Mittelpunkt. In Heft drei des Jahres 2013 ging es zum Beispiel unter dem Schwerpunkt »Musik als Waffe« darum, wie Musik eingesetzt wird, um Menschen zu quälen. Wie Rockmusik auf den Schlachtfeldern des Iraks und Afghanistans ohne Rücksicht auf Verluste vermarktet wird. Oder wie Rechtsrock als Einstiegsdroge und Musik als Waffe im Kampf für den Frieden genutzt werden.

Allerdings ist die Zeitschrift zu diesem Zeitpunkt noch immer vor allem ein Katalog der aktuellen Neuerscheinungen auf dem deutschen Musikmarkt. Auf den Titelseiten werden noch immer Musikschaffende und ihre aktuelle Produktion vorgestellt. Der spannende inhaltliche Schwerpunkt liegt wie eine Perle in der Muschel versteckt. Mit der Ausgabe Mai 2014 wird das radikal geändert: Seither wird schon mit jeder Titelseite ein inhaltlicher Standpunkt bezogen, M&R entwickelt sich zur politischen Musikzeitschrift. Das damit verbundene Risiko ist hoch: Anzeigenkunden und bisherige Leserinnen und Leser könnten sich von der Zeitschrift abwenden und neue nicht schnell genug gefunden werden. Es folgen harte Zeiten: Der Anzeigenverkauf geht zurück, der Kioskverkauf stagniert. Aber die Aboentwicklung ist positiv – schon etwas Besonderes in Zeiten der allgemeinen Printkrise, die auch Musikzeitschriften hart trifft. Die Einnahmen decken allerdings nicht die Kosten, der Verlag steht vor der Frage, ob es weitergehen kann. Denn die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger.

Der nächste Schritt wäre die konsequente Weiterentwicklung zur linken politischen Kulturzeitschrift – mit Schwerpunkt Musik, aber unter stärkerer Berücksichtigung anderer Genres wie Literatur, Film, Theater, Fotografie. Die Zeiten für die Durchsetzung eines solchen Kulturmagazins auf dem Markt sind allerdings hart geworden. Denn nicht nur in der Politik, auch in der Kultur sind rechte bürgerliche Kreise mit reaktionären Konzepten in der Offensive. Die Einstellung dieser Zeitschrift wäre eine weitere Niederlage der linken Kräfte. Melodie und Rhythmus kann aber nur weiterexistieren, kann nur weiterentwickelt werden, wenn deutlich mehr Leserinnen und Leser die Zeitschrift abonnieren und am Kiosk kaufen.

Können wir uns eine linke politische Kulturzeitschrift leisten?

Die Frage müsste eigentlich genau andersherum gestellt werden: Können wir es uns leisten, auf eine linke politische Kulturzeitschrift zu verzichten? Wir meinen: Nein! Damit wir sie uns aber auch leisten können, bitten wir daher alle Leserinnen und Leser der Tageszeitung junge Welt, die Musikzeitschrift Melodie und Rhythmus zu abonnieren. Abonnenten der jW zahlen lediglich 16,90 Euro für sechs Ausgaben im Jahr – wir haben aber nichts dagegen, wenn Sie trotzdem den Förderpreis von 36,90 Euro jährlich für dieses Kulturprojekt anlegen. Wir sollten auch diesen Bereich nicht den Rechten überlassen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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