Die Kommune erstreiten!
Von Dietmar KoschmiederIn Zeiten großer Verwirrung ist es besonders wertvoll, auf eine Zeitung mit klaren Positionen zurückgreifen zu können. Dabei ist unseren Leserinnen und Lesern grundsätzlich zu empfehlen, mit Medien kritisch umzugehen, geraden mit den selbst genutzten. Denn diese Klarheit ist zu erarbeiten und darf auch hinterfragt werden.
Bei der imperialistischen Supermacht gab es vor wenigen Tagen einen Regierungswechsel. Diesmal schickt die herrschende Klasse nicht einen Handlanger ihres politischen Personals ins Weiße Haus, sondern mit Donald Trump einen Multimilliardär aus den eigenen Reihen. Eigentlich nichts Besonderes, denn auch Trump hatte nur eine Chance auf den Wahlsieg, weil die herrschende Klasse für ausreichende ökonomische wie mediale Ausstattung sorgte. Und wir kennen das bereits aus kleineren kapitalistischen Staaten, zum Beispiel aus der Schweiz, wo sich der Multimilliardär Christoph Blocher schon seit Jahren eine eigene Partei und Medien hält. Diese Erscheinungen sind allerdings kein Ausdruck der Stärke des kapitalistischen Systems, sondern seiner wachsenden Schwäche. Denn das Problem der besitzenden (und nur deshalb herrschenden) Klasse ist, dass sie weltweit ihre Legitimation verliert.
Schwäche des Systems
Die Wahlmaschinen beherrscht sie noch, die Stimmung im Lande aber immer weniger. Denn viele Menschen zweifeln inzwischen daran, dass der Kapitalismus bzw. seine Vertreter tatsächlich Lösungen für die aktuellen Menschheitsprobleme hat bzw. haben. Die Erkenntnis, dass der Kapitalismus die Probleme verursacht und abgeschafft gehört, liegt also gefährlich nahe: Solange gesamtgesellschaftlich produziert wird, die Erträge aber privatkapitalistisch eingeheimst und nur Verluste sozialisiert werden, solange also die herrschende Klasse Produktivkräfte und Gesellschaft so organisiert, dass optimale Profite erwirtschaftet werden, geschieht dies in ihrem, aber nicht im Interesse der überwältigenden Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten. Das zeigt sich auch in den USA darin, dass immer mehr Bewohner – trotz massiver antikommunistischer Propaganda – Sehnsucht nach einer anderen Welt haben, in der Profitlogik nicht mehr das Maß aller Dinge ist. In dieser Gemengelage trauten die Etablierten der Kandidatin Hillary Clinton noch zu, den Konkurrenten Bernie Sanders auszuschalten. Aber eben nicht mehr, die Wut auf dieses System in ganz andere Richtungen zu kanalisieren.
Trump wird das schon richten
Trump soll das nun richten. Als vermeintlicher Kämpfer gegen das verhasste Establishment. Auch da ist er nur einer von vielen: Blocher in der Schweiz, Björn Höcke in der Bundesrepublik, Marine Le Pen in Frankreich, die Liste ist leider viel zu lang, um all jene aufzuzählen, die angeblich gegen das nationale Establishment kämpfen, dessen Teil sie selbst sind. Sie vertreten vielleicht die Interessen einer anderen Kapitalfraktion, haben gelegentlich in Detailfragen abweichende Positionen – aber auch in den meisten strittigen Punkten geht es letztlich nur darum, wie die Kapitalverwertung am effektivsten organisiert wird: Besser durch Freihandel oder doch lieber über Protektionismus? Sollen bürgerliche Rechte hochgehalten oder eher dramatisch eingeschränkt werden? Kann man Konkurrenz durch Umarmung oder gleich mit Krieg domestizieren? Ist es effektiver, Gewerkschafter einzubinden oder niederzuknüppeln?
Viele Menschen haben den Kapitalismus einfach deshalb noch nicht satt, weil sie ihn nicht durchschauen und von linken Kräften keine glaubhafte Alternative vermittelt bekommen. Aber sie haben die meisten praktischen Auswirkungen dieses Systems satt: Kriege, Armut, Terror, Arbeitslosigkeit, sinkende Bildungschancen, wachsende Ausbeutung, Wohnungsnot, mangelnde Gesundheitsfürsorge und Zukunftschancen, das gegenseitige Ausspielen von Geschlechtern, Religionen, Regionen, um nur einige Punkte zu nennen. Aufklärung bedeutet heute vor allem, auf materielle und historische Ursachen dieser Probleme hinzuweisen. Und auf die Notwendigkeit und Möglichkeit, sie zu überwinden. Das geht nicht mehr, ohne das kapitalistische System in Frage zu stellen. Alles andere ist pure Illusion.
Geld verdienen statt Krieg?
Solche Illusionen sollen nun rechte Führer verbreiten wie der neue Präsident der Vereinigten Staaten. Da ein paar Zölle, hier eine Mauer, offener Rassismus und Sexismus, um Sonderrechte für den einen und Unterdrückung für den anderen Teil der Bevölkerung zu begründen. Interessanterweise erhält Trump in Europa nicht nur Unterstützung von rechts, sondern auch von Menschen und Gruppen, die sich als links bezeichnen. Dahinter steckt eine Position, die von diesen seit längerem in die deutschen Linke hineingetragen wird: Breite Bündnisse bis ins rechte Lager hinein seien notwendig, um das Schlimmste, also Kriege, zu verhindern. Anstatt dem Kapital in die Arme zu fallen, auf die Ursachen von Kriegen hinzuweisen, für eine gesellschaftliche Alternative zu mobilisieren. Statt dessen heißt es, man dürfe nicht mehr so genau hinsehen, mit wem man sich da gemein mache, die politischen Grenzen der Vergangenheit seien überwunden. Wer aber tatsächlich glaubt, gemeinsam mit reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Kräften könne man Kriege und Faschismus verhindern, wird letztlich dazu beitragen, diese weiter möglich zu machen.
In Deutschland hat die Debatte noch einen besonderen Hintergrund. Hier wird seit längerem eine Regierungskonstellation diskutiert, mit der im Bundestag eine angeblich linke Mehrheit geschaffen werden könnte: eine Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und der Partei Die Linke. Die Besonderheit besteht darin, dass eine solche Variante tatsächlich eine fortschrittliche wäre, wenn es der Linkspartei gelingen würde, dabei eine klare antimilitaristische Haltung durchzusetzen (selbst wenn sie dafür soziale Forderungen aufgeben würde). Gerade das ist aber völlig ausgeschlossen: Die Linke wird nur dann als Partner akzeptiert, wenn sie die angeblich neue, tatsächlich aber uralte »Verantwortung Deutschlands in der Welt« anerkennt und die Ausweitung des militärischen Aktionismus im Kapitalverwertungsinteresse unterstützt, zumindest duldet. Genau dafür – und nur dafür – würde sie überhaupt in einer Bundesregierung mit Sozialdemokraten und Grünen gebraucht.
Deutsche Verantwortung
Mit der gleichen Logik, mit der uns heute manche vormachen, man müsse Trump unterstützen, weil der »lieber Geld verdienen als Kriege führen will«, weil er im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht vordergründig und direkt Krieg gegen Russland führen wolle (sondern fürs erste geht es gegen Chinesen, Palästinenser, Iraner, Frauen, Schwule und Mexikaner ...), wird uns morgen erzählt, Linke müssten für das Projekt »Rot-Rot-Grün« sein, weil nur dadurch Kriege verhindert würden. An Begründungen wird es nicht mangeln. Die Grünen benutzten 1999 »die deutsche Verantwortung nach Auschwitz«, um ihre Zustimmung zum Krieg gegen Jugoslawien und damit ihren Schwenk vom Pazifismus zum Bellizismus zu legitimieren. Heute wird der VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935 bemüht, um die Notwendigkeit von Bündnissen mit Chauvinisten zu erklären. Einer der entscheidenden Unterschiede zu 1935 besteht aber darin, dass die große Sowjetunion, die es damals zu schützen galt, heute erst noch erkämpft werden muss!
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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