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Aus: Ausgabe vom 19.04.2017, Seite 11 / Feuilleton

Heimkehr in ein kaltes Land

Deutschland« hört auf, »Heimat« zu sein, schreibt im Juli 1942 Alfred Kurella an seine Frau. »Wird es Freude machen, diesen ewigen willenlosen ›Untertanen‹ eine freiere Ordnung aufzuerlegen, die sie ebenso dumpf und blöde dulden werden, wie sie den Faschismus dulden? Nein – dieses Volk ist unglaublich tief verhetzt, kaputt, verdorben.«

Die Schriftstellerin Anna Seghers hatte vierzehn Jahre im Exil verbracht. Anders als Kurella, der erst 1954 in die DDR übersiedeln konnte, kehrte sie bereits im April 1947 nach Berlin zurück. Sie kam nicht nur in ein zerstörtes, sondern in ein ihr fremd gewordenes Land. Sie fühle sich, schrieb sie an Freunde in aller Welt, wie in die Eiszeit geraten, so kalt und versteinert komme ihr alles vor. Sie trifft auf viele apathische, gleichgültige Menschen, spürt die Verheerungen, die der Faschismus in den Köpfen der Deutschen angerichtet hat. Halt geben ihr die Freunde, wie Helene Weigel, Bertolt Brecht und Steffie Spira. Seghers, die weltberühmte Autorin des Romans »Das siebte Kreuz«, den in Deutschland kaum jemand kennt, weiß dennoch, dass man die neue Ordnung nur mit den Menschen aufbauen kann, die vorhanden sind. Und sie macht sich an die Arbeit. Von diesen schweren Jahren des Neubeginns erzählt Monika Melcherts Buch »Heimkehr in ein kaltes Land«, aus dem sie am morgigen Donnerstag in der jW-Ladengalerie liest, fast auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 22.4. 1947, war Seghers nach Berlin zurückgekommen.

Die Autorin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und Leiterin der Anna-Seghers Gedenkstätte, schildert lebendig und kenntnisreich die ersten Jahre der Schriftstellerin im Nachkriegs-Berlin. In der 1952 veröffentlichten Erzählung »Der Mann und sein Name« findet sich bei Seghers der Satz: »Sie bauten ihr furchtbar geschlagenes Land wieder auf, selbst furchtbar geschlagen.« (jW)

Morgen, 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Torstr. 6, Berlin

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