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Aus: Ausgabe vom 28.04.2017, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Cormans Chemiker

Filmregisseur Jonathan Demme (Foto) ist am Mittwoch im Alter von 73 Jahren in seiner Wohnung in New York gestorben. »Jonathan war so verschroben wie seine Komödien und so tiefgründig wie seine Dramen«, kondolierte Schauspielerin Jodie Foster, die in Demmes oscarprämiertem Thriller »Das Schweigen der Lämmer« (1991) eine Hauptrolle spielte. »Ich liebe diesen Mann. Ich liebe ihn so sehr.« Als studierter Chemiker lernte Demme Anfang der 70er beim B-Movie-Produzenten Roger Corman sein Handwerk von der Pike auf. Seine erste Regiearbeit war der in einem Frauenzuchthaus angesiedelte, zynische und brutale »Caged Heat« (1974). Es folgten etwa das Roadmovie »Crazy Mama« (1975) und die im ländlichen Arkansas spielende Rächergeschichte »Fighting Mad« (1976) mit Peter Fonda in der Hauptrolle.

Internationale Anerkennung bekam Demme erstmals für seine traurigschöne Komödie »Melvin and Howard« (1980). Seine Dokumentation eines Konzertes der Talking Heads, »Stop Making Sense« (1984), galt dann schon weltweit als Meilenstein in der Entwicklung des Konzert- und Musikfilms. Nach dem »Schweigen der Lämmer« drehte er »Philadelphia« (1993) über einen Yuppieanwalt, der an AIDS erkrankt – Tom Hanks erhielt dafür den Schauspiel-Oscar. Es folgten ein Epos über die Geschichte der Sklaverei (»Beloved«, 1998) und Dokumentarfilme über Nelson Mandela, den ermordeten haitianischen Journalisten und Menschenrechtler Jean Dominique sowie über Jimmy Carter. Den früheren US-Präsidenten begleitete Demme etwa auf einer Lesereise zum Buch »Palestine. Peace Not Apartheid«. Gleich drei Konzertfilme drehte er ab 2006 mit Neil Young. Sein Verhältnis zum Massengeschmack bestimmte er in der FAZ am 28. März 2009 mit einer Gegenfrage: »Warum sollte ich einem weiteren Nummer-eins-Hit hinterherjagen, wenn ich die Möglichkeit habe, einen wirklich interessanten Film zu machen?« (jW)

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