Feministisch lesen: Wir Frauen und an.schläge
Düsseldorf/Wien. Druckfrische Ausgaben von Wir Frauen aus Düsseldorf – quartalsweise erscheinend – und des feministischen Magazins an.schläge aus Wien liegen vor.
Die aktuelle Wir Frauen widmet sich nach »Verrat« in der Frühjahrsausgabe jetzt dem Thema »Enttäuschung«. Das Gefühl ist ein bedrückendes, und doch: »Enttäuschung kann Anlass sein, der Wirklichkeit gewahr zu werden, Grenzen anzuerkennen – bei sich und anderen – und miteinander auszuhandeln, was machbar ist und was es dazu braucht«, schreibt Melanie Stitz. Sie helfe auch, Situationen realistisch einzuschätzen und sich effektivere Wege einfallen zu lassen, um die gesetzten Ziele erreichen zu können.
Christiana Puschak erinnert an Diskussionen um das psychoanalytische Konzept des Penisneids – und wie es vom Kopf auf die Füße zu stellen ist. Florence Hervé lässt Hoffnungen und Enttäuschungen aus mehreren Jahrzehnten frauenpolitischen Engagements Revue passieren. Schreckliches sagte die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann (1868–1943) zur Tötung behinderter Menschen, ihre Äußerungen wurden erst kürzlich wiederentdeckt. Die Historikerin Kerstin Wolff fordert im Heft kritische Auseinandersetzung, aber auch die Betrachtung der Postulate im gesellschaftlichen Kontext.
Das durchaus belastete Verhältnis von Feminismus und Behinderung ist auch Titelthema der Ausgabe IV/2017 der an.schläge. Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung sei auch »beschämender Bestandteil feministischer Szenen«, schreibt die Redaktion im Editorial. Das betreffe auch das »schwierige Thema Abtreibung, wo die fraglos wichtige Forderung nach Selbstbestimmung mitunter Hand in Hand mit einer unkritischen Befürwortung der sogenannten eugenischen Indikation geht«. Buchautorin Kirsten Achtelik übt im Interview mit den an.schlägen scharfe Kritik beispielsweise an der Pränataldiagnostik und anderen Technologien, die auf frühe Selektion ausgerichtet sind. Zugleich müssten aber für Menschen mit Behinderung und ihre Eltern Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein Leben »ohne Einschränkungen« ermöglichten, fordert sie.
Elisabeth Magdlener fordert: »It’s time for crip feminism!« (Crip: englisch für Krüppel, eine Aneignung des abwertenden Begriffs), also eine selbstbewusste Bewegung von Frauen mit Behinderungen. Besonders enge Verbindungen sieht Magdlener zwischen Queerfeminismus und Behindertenbewegung, denn in beiden gehe es um Akzeptanz verschiedener Sexualitäten und zum Beispiel die rechtliche Anerkennung von Elternschaft. Besonders behinderten Frauen werde die Sexualität abgesprochen. (jW)
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