Rekolonisierung eines Subkontinents
Von Georg Hoppe
Globalisierung in Indien: Für Teile einer Mittelschicht bedeutet sie Arbeitsplätze bei Software- oder Softdrinkfimen. Für Unternehmer aus den USA oder der EU bedeutet sie Absatzmärkte für Konsumartikel und »komparative Kostenvorteile«. Neoliberale Think-Tanks behaupten, für die Armen bedeute sie eine Verbesserung ihrer Situation durch den »Trickle-down-Effekt«, das Durchsickern des neuen Wohlstands von oben nach unten.
Für die Mehrheit der Bevölkerung bringt sie aber etwas anderes, nämlich schlechtere Arbeitsbedingungen und kaum einlösbare Konsumversprechen in der Stadt. Auf dem Land geht sie mit der Zerstörung der Umwelt einher und damit der Lebensgrundlage, der Auflösung traditioneller Sicherungsstrukturen und der Abhängigkeit von Saatgutkonzernen. Verschuldung und Verzweiflung treiben die Menschen dort in den Suizid – oft durch Schlucken eben jener Pestizide, die für die patentierten Feldfrüchte benötigt werden.
»Die wirtschaftliche Globalisierung bezeichnen wir in Indien als einen Prozess, der auf die wirtschaftliche Rekolonisierung der Entwicklungsländer abzielt (...)«. So bringt es Sitaram Yechuri von der Communist Party of India (Marxist) auf den Punkt. Er ist einer derjenigen, die in dem Band »Zwischen Verzweiflung und Widerstand. Indische Stimmen gegen die Globalisierung« zu Wort kommt. Der Journalist Gerhard Klas interviewt darin Aktivistinnen und Aktivisten aus Basisorganisationen, Gewerkschaften und linken Parteien. Ihre Mittel sind dörfliche Selbstorganisation (oft von und für Frauen und Dalits, sogenannte Unberührbare), Streik, Regierungspolitik (im südindischen Bundesstaat Kerala regiert die Kommunistische Partei) und bewaffneter Kampf.
Klas schafft es, den Einblick in das Leben der Fischer von Valiathura und der Bauern von Dasru Thanda mit dem analytischen Blick auf das Ganze zu verbinden. Es entsteht das Gesamtbild einer umkämpften Gesellschaft, deren Zukunft offen ist. Die Aktivistinnen und Aktivisten, die sich in dem Band äußern, geben Hoffnung, dass diese Zukunft eine gerechtere sein wird. Nicht nur in Indien.
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Gerhard Klas: Zwischen Verzweiflung und Widerstand. Indische Stimmen gegen die Globalisierung. Edition Nautilus, Hamburg 2006, 160 Seiten, 12.90 Euro.
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