Ein Benjamin der Résistance
Von Horsta KrumFür Falkensee im Landkreis Havelland war’s ein Ereignis: 220 Menschen sahen am Sonntag die Erstaufführung des Filmes »Sie nannten mich Benjamin« von Heide Gauert, den sie über Erhard Stenzel, den letzten lebenden deutschen Kämpfer in der französischen Résistance gedreht hat. Er ist heute 92 Jahre alt und lebt seit dem Ende der siebziger Jahre in Falkensee. Als Achtzehnjähriger war er in der Résistance tatsächlich »der Kleine« unter seinen älteren und erfahrenen Mitkämpfern und Genossen. Erhard Stenzel berichtet ruhig und undramatisch die Erlebnisse, die aus ihm einen kämpfenden Antifaschisten machten.
Der Film endet mit dem Jahr 1945, so dass der weitere Lebensweg von Erhard Stenzel, sein Engagement in der DDR und auch nach 1990 leider nicht vorkommt. Der gelernte Schriftsetzer wurde Parteisekretär der SED in Sachsen und arbeitete dann für den FDGB. Nach 1989 war er Abgeordneter der heutigen Linkspartei in der Stadtversammlung Falkensee.
Dort sind auch weitere Filmvorführungen geplant, zunächst vor Schulklassen. Ist doch Stenzel der einzige Zeitzeuge, der noch berichten kann – und das tut er glaubwürdig und beeindruckend auch im direkten mündlichen Gespräch. Am Sonntag sagte er den Besuchern: »Der Faschismus ist keine Ideologie, sondern ein Verbrechen. Wenn mir jemand 1945, als ich wieder nach Deutschland kam, gesagt hätte, dass nach 72 Jahren Neonazis offen marschieren dürfen mit Naziparolen, dann hätte ich geantwortet: Du spinnst, so etwas kann es doch nie wieder geben.« Und deshalb war es für ihn wichtig, dass der Film gerade am zweiten Sonntag im September gezeigt wurde, dem Tag des Gedenkens an die vielen, vielen Opfer des Faschismus.
Mehr aus: Feuilleton
-
Wie ich meines Orientierungssinnes verlustig ging
vom 13.09.2017 -
Das Lächeln von Tom Cruise
vom 13.09.2017 -
Wyzniewski, Richter-Reinick, Mund
vom 13.09.2017 -
Die große Drohung
vom 13.09.2017 -
Rotlicht: Verschwindenlassen
vom 13.09.2017 -
Nachschlag: Phänomen Merkel
vom 13.09.2017 -
Vorschlag
vom 13.09.2017