Friedenspropaganda
Von Dietmar Koschmieder
Die XXIII. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar 2018: Informationen zum Programm und zum Vorverkauf finden Sie in der kommenden Wochenendausgabe der jungen Welt an dieser Stelle!
Doch selbst bei den verbliebenen Grundrechten gibt es zwischen Anspruch und Wirklichkeit große Unterschiede. Der Kabarettist Dietrich Kittner spitze dies auf die Aussage zu: »Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Es sei denn, er hat eine.« Mit der Einführung der verfassungswidrigen Berufsverbote durch Willy Brandt und die Ministerpräsidenten 1972 wurde festgelegt, dass alle Beamte aktiv für die »freiheitlich demokratische Grundordnung« einzutreten hätten. Mehrere Millionen Beamte und Anwärter wurden seither per Regelanfrage beim Verfassungsschutz auf ihre politische Gesinnung hin überprüft. Die Folgen: unzählige Berufsverbotsverfahren, Tausende von Disziplinarverfahren, Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst oder die Verweigerung der Aufnahme in diesen. Als Grundlage wurden »gerichtsverwertbare Erkenntnisse« der Geheimdienste genutzt, wobei es sich dabei bei diesen meistens um Belege für aktives demokratisches Engagement der Delinquenten handelte: Mitgliedschaft in einer zugelassenen Partei, offizielle Teilnahme an Wahlen als Kandidat einer zugelassenen Partei, Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen gegen das Wiedererstarken faschistischer Kräfte, Durchführung von Soliveranstaltungen zum Beispiel gegen das Pinochet-Regime in Chile (nur einige Beispiele aus den Prozessakten des Autors dieses Beitrags).
Zwar schaffte als letztes Bundesland Bayern die Regelanfragen ab, gleichzeitig wurde dort eine neue Form des »Radikalenerlasses« eingeführt: Jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst musste in einer Liste markieren, ob er Mitglied oder Unterstützer einer nach Ansicht der Behörde verfassungsfeindlichen Organisation sei. Wer beispielsweise die dort aufgeführte Partei Die Linke oder eine ihrer Vorgängerorganisationen angab, konnte vom Verfassungsschutz überprüft und abgelehnt werden. Und dass nach 1989 Zigtausenden ehemaligen DDR-Bürgern die weitere Ausübung ihres bisherigen Berufes aus politischen Gründen verboten wurde, ist eines der weitgehend unbeleuchteten Kapitel der sogenannten Wende.
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