Arbeitslosigkeit senkt Einnahmen weiter
Die Bundesregierung geht jetzt auch offiziell von einer höheren Arbeitslosenzahl in diesem Jahr aus als bisher angenommen. Für die Steuerschätzung, deren Ergebnisse am kommenden Donnerstag vorgelegt werden sollen, werde eine Zahl der Erwerbslosen von bis zu 4,3 Millionen angenommen, bestätigte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Wochenende in Bonn einen Bericht der »Frankfurter Rundschau« vom Wochenende. Nach Darstellung des Blattes legt die Regierung in ihren konjunkturellen Eckdaten für die offizielle Steuerschätzung in der kommenden Woche einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt um ein Prozent oder rund 350 000 zugrunde. Dies sei doppelt so viel wie bisher prognostiziert.
Im Vergleich zu den 1996 für dieses Jahr erwarteten 3,95 Millionen Arbeitslosen werde für die Steuerschätzung eine mehr als 300 000 Menschen höhere Zahl angenommen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums. Bereits im Jahreswirtschaftsbericht Anfang dieses Jahres war die Bundesregierung von einer um 200 000 höheren Arbeitslosenzahl als beim Haushalt ausgegangen. Die nach oben korrigierten Zahlen waren nach Angaben des Ministeriums Ende April vom interministeriellen Arbeitskreis »gesamtwirtschaftliche Entwicklung« als Schätzbasis für die Steuerschätzung vorgelegt worden.
Zu den Beratungen über die Erwartungen für die Steuereinnahmen dieses Jahres treffen sich die Experten von Bund und Ländern am Dienstag in Schwerin, ehe ihre Ergebnisse am Donnerstag in Bonn vorgelegt werden. Zu einem Bericht der »Welt am Sonntag«, nach dem die Steuerschätzer zu einem Loch von »20 Milliarden Mark plus X« in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden feststellen werden, wollte der Ministeriumssprecher nicht Stellung nehmen. Vor dem Ergebnis der Steuerschätzung seien Spekulationen nicht sinnvoll. Nach Angaben des Blattes fallen vor allem die erwartete Lohn- und Einkommensteuer sowie die Mehrwertsteuer geringer aus als angenommen. Grund: die Massenarbeitslosigkeit und die schwache Nachfrage der privaten Haushalte.
Verhandelt werde derzeit in dem Expertengremium noch über die Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt. Geht die Bundesregierung in ihrem Jahreswirtschaftsbericht von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent für 1997 aus, haben die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten ihre Prognose auf 2,25 Prozent revidiert. Sollten sich die Wirtschaftsforscher mit ihrer Vorhersage über die wirtschaftliche Entwicklung in der BRD durchsetzen, dürfte ein weiterer Steuerausfall in Milliardenhöhe dazukommen.
AP/AFP/ddpADN/jW
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