Ärztin vor Gericht wegen Abtreibungen
Gießen. Am heutigen Freitag beginnt am Amtsgericht Gießen ein Prozess gegen die Allgemeinmedizinerin und Gynäkologin Kristina Hänel (10 Uhr, Saal 100). Ein Abtreibungsgegner hatte die 61jährige wegen angeblicher Werbung für Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraph 219a des Strafgesetzbuches bereits dreimal angezeigt, weil sie Patientinnen auf ihrer Webseite anbietet, ihnen Infomaterial zu dem Eingriff zuzusenden (siehe auch Interview in der jW-Donnerstagausgabe).
Hänel führt Schwangerschaftsabbrüche seit mehr als 30 Jahren durch. Sie betont, sie habe medizinische Informationen ins Netz gestellt, um Menschen aufzuklären und zu informieren. Sie betrachte das als ihre ärztliche Pflicht. »Ich mache das nicht, damit Frauen zu mir kommen. Die kommen sowieso. Ich brauche das nicht«, sagt die Ärztin. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen sagte laut dpa vom Donnerstag, die von Hänel – auf Anfrage von Patientinnen – versendeten Inhalte seien rechtlich nicht zu beanstanden. Dennoch wurden die Ermittler nach der jüngsten Anzeige eines Mannes aus Nordrhein-Westfalen aktiv und klagten die Ärztin an – weil der beanstandete Text im April 2015 ohne E-Mail-Hürde anklickbar gewesen sein soll. In diesem Fall handle es sich um unerlaubte Werbung für Abtreibungen, so der Sprecher. Dies kann mit einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden.
Auf Webseiten von »Lebensschützern« wird Hänel seit längerem angeprangert. Angesichts des bevorstehenden Prozesses gibt es jedoch eine große Welle der Solidarität. Eine von der Ärztin selbst initiierte Onlinepetition an den Bundestag, in der sie die Streichung der Paragraphen 219a und ein Informationsrecht für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch fordert, hatten am Donnerstag bereits mehr als 100.000 Menschen unterzeichnet. In Gießen und Frankfurt hat das neu gegründete »Bündnis für körperliche Selbstbestimmung« für den Freitag Solidemos angekündigt. (dpa/jW)
solidaritaetfuerkristinahaenel.wordpress.com
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