Hintergrund: Palästinenser und ihr eigener Staat
Benjamin Netanjahu wird nicht müde, seine Behauptung zu wiederholen, dass es für den israelisch-palästinensischen Konflikt nur eine einzige Ursache gebe: »Die fortwährende Weigerung der Palästinenser, den jüdischen Staat anzuerkennen – ganz gleich, in welchen Grenzen.« Das ist die Formulierung, die er am 15. Januar während eines Staatsbesuchs in Indien für einen Facebook-Eintrag wählte.
Der seit März 2009 ununterbrochen amtierende Regierungschef, der von Oppositionspolitikern als Gewohnheitslügner verspottet wird, sagt auch in diesem Punkt nicht die Wahrheit. Die PLO hatte bereits am 9. September 1993 in einem Schreiben an den damaligen Premier Jitzchak Rabin ausdrücklich und eindeutig erklärt, dass sie nicht nur den Staat Israel anerkennt, sondern auch dessen »Recht, in Frieden und Sicherheit zu existieren«. Im Gegenzug erkannte die israelische Regierung nicht etwa das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat an, sondern nur die Rolle der PLO als »Repräsentantin des palästinensischen Volkes«. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert.
Einen Staat mit irgendeinem religiösen oder ethnischen Attribut anzuerkennen, soweit sich dieses nicht aus seinem Namen ergibt – wie im Fall der Islamischen Republik Iran – ist in der internationalen Diplomatie selbstverständlich nicht üblich. Es hat auch 1993 niemand verlangt, dass die PLO Israel »als jüdischen Staat anerkennen« müsse. Diese aus der Luft gegriffene Zusatzforderung brachte Netanjahu erstmals am 14. Juni 2009 während einer Rede in der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv ins Spiel. Dort deutete er – im Gegensatz zum Programm seiner eigenen Partei und zum Konsens der gesamten israelischen Rechten – erstmals und einmalig die Möglichkeit an, sich mit der Schaffung eines Palästinenserstaates abzufinden. Zu den zahlreichen einschränkenden Bedingungen, an die der Premier dieses Angebot knüpfen wollte, gehörte die »Anerkennung Israels als jüdischer Staat«. (km)
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Unverzichtbare Hilfe
vom 03.02.2018 -
Langsam, aber sicher
vom 03.02.2018