Projekt und Konzept
Von Wiglaf DrosteFür Projekte hatte ich nie Zeit, Lust darauf verspüre ich auch keinerlei, ich ziehe es vor zu arbeiten. Weil ich aber längere Zeit in Berlin verbrachte, weiß ich, was Projekte sind: Kopfgeburten, die täglich im Dutzend auftauchen, mit viel Gedröhn ventiliert werden, um dann sang- und klanglos wieder aus der Welt zu verschwinden. Wer ein Projekt hat, ist bewandert in der Kunst des Brainstormings ohne Brain, und ein Konzept kann er auch noch zusammenstoppeln und -friemeln, drückt diese ihn an den Rand der Erschöpfung treibende Tätigkeit aber lieber jemand anderem auf, der an seinem Projekt beteiligt ist.
Noch schnittiger und windiger als das Projekt ist die Verbform; dann wird etwas »projektiert«, das trägt gut auf und klingt nach Projektil, also nach Durchschlagskraft. Ich kenne Projektile nur aus Kriminalfilmen, aber wenn jemand etwas projektiert, darf er meinethalben nähere Bekanntschaft mit ihnen machen. Ansonsten gilt die strenge Regel: Beim Projektieren die Hände über den Deckenrand!
Elender noch als das Tuwort projektieren ist kuratieren. Kann man Angeberhafteres sagen als den Satz: »Ich habe das kuratiert«? Wenn jemand kuratiert, ist es geboten, auf Abstand in jeder Form zu achten. Für den Kuratierenden selbst steht geschrieben: »Kuratieren nur mit Kondom!« Man möchte diesen geschlagenen Schaum ja nicht auch noch abkriegen.
Mehr aus: Feuilleton
-
»Reclaim the cables!«
vom 03.02.2018 -
Nach Chicago, in den Blues (10 und Schluss)
vom 03.02.2018 -
Vom Schärfen der Augengläser
vom 03.02.2018 -
Bodenfrost … als sonst
vom 03.02.2018 -
Nachschlag: Auf Schienen durch Bolivien
vom 03.02.2018 -
Vorschlag
vom 03.02.2018