Bleiben? – Werden!
Von Wiglaf DrosteJohann Wolfgang von Goethe schrieb: »Und so lang du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde«; die Autobiographie von André Gide trägt in der Übersetzung ins Deutsche den Titel »Stirb und werde«, und am Nebentisch sitzt eines dieser von Medien aufgezogenen Pärchen, das auch für seine B-Gespräche, B wie Beziehung, noch Publikum braucht.
Dieses B-Gespräch ist offenbar ein finales, aus, was nie an war, finito, was nie begann, tutto kaputto, was nie etwas anderes war als das. »Lass uns Freunde bleiben«, entquillt es dem Jungmännermund; nur zu gern schleuderte ich ihm die Gesamtausgaben von Goethe und Gide in seine »Fack ju Göhte«-Visage, da wandelte sich die sprachliche Gewalt dann in eine für mich greifbare und für ihn sinnlich erfahrbare.
Freunde bleiben? Wenn man sich geliebt hat? Man kann versuchen, Freunde zu werden; es erfordert unendlich viel Langmut, Fein- und Taktgefühl, die Nehmerqualitäten eines guten Boxers und ein großes Herz. Wenn es gelingt, kommt das einem Wunder gleich, und egal, welche Mühen man auf sich nimmt: Eine Garantie gibt es nicht. Bleiberecht muss es für jeden um Asyl Suchenden geben, nicht aber für eine Freundschaft nach der Liebe, für die man arbeiten und dazu noch mehr Massel haben muss, als üblicherweise ausgeschenkt wird.
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