Hintergrund: Neue Handelsregeln
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hob der Vorstandsvorsitzende von Siemens, Josef Käser, die globalen Machtverschiebungen hervor: »Die Welt spielt bald nach chinesischen Regeln. Chinas ›Gürtel und Straße‹ wird zur neuen WTO, ob es Ihnen gefällt oder nicht«, sagte er.
Beijings »One Belt – One Road«-Initiative sieht den Bau von Infrastruktur wie Straßen und Zugstrecken vor und erstreckt sich auf dem Landweg (Gürtel; Belt) wie zu Wasser (Straße; Road) über 70 Länder hinweg.
Die britische Premierministerin Theresa May weigerte sich bei ihrem Staatsbesuch in Beijing in der vergangenen Woche, die »Gürtel und Straße«-Initiative offiziell zu unterstützen. Im US-Kongress wurde vergangene Woche eine Studie vorgestellt, nach der in den bisherigen Bauprojekten entlang der Seidenstraße, die meist von China finanziert werden, knapp 90 Prozent der Aufträge an chinesische Unternehmen vergeben werden, berichtete die FAZ am 2. Februar.
So wie Großbritannien und die Vereinigten Staaten wolle auch Frankreich die Initiative nicht unterstützen. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte im August vergangenen Jahres gewarnt, »wenn es uns nicht gelingt, eine eigene Strategie mit Blick auf China zu entwickeln, dann wird es China gelingen, Europa zu spalten.«
Sollten entlang der »Neuen Seidenstraße« künftig Streitigkeiten unter Handelspartnern auftreten, soll ein internationaler Gerichtshof diese klären – genau wie in der Welthandelsorganisation (WTO), die Siemens-Boss Käser als Teil des US-amerikanischen Zeitalters ansieht, das bald vorbei sein könnte, heißt es in der FAZ. »Das Seidenstraßen-Gericht soll laut Informationen des Shanghaier Finanznachrichtenportals Yicai seinen Sitz in Beijing haben, mit Zweigstellen in Chinas südlicher Handelsmetropole Shenzhen und in der alten Kaiserstadt Xi’an.« Eine eigene Seidenstraßenbank hat China bereits gegründet: die Asiatische Infrastruktur- und Entwicklungsbank (AIIB), die vor allem von China getragen wird und ihren Sitz ebenfalls in Beijing hat. Dort wolle auch Chinas Handelskammer nun ein Gremium gründen, das künftig Handelsstreitigkeiten schlichten soll, heißt es in der FAZ. Das von den USA und der EU geprägte WTO-Recht sei nicht mehr zeitgemäß, zitiert das Blatt aus einem Schreiben der chinesischen Handelskammer.
In der EU haben Ungarn, Tschechien und Rumänien eine Vereinbarung über die »Neue Seidenstraße« unterzeichnet. »Ob die britische Premierministerin May bei einer weiteren Isolation Großbritanniens nach dem Brexit ihren Widerstand gegen die Seidenstraße beibehält, ist noch nicht ausgemacht«, meint die FAZ. (sz)
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