Ein Fremdling
Für die Documenta 14 wurde im vergangenen Frühjahr im Zentrum von Kassel eine Steinsäule des in Nigeria aufgewachsenen, in den USA lebenden Künstlers Olu Oguibe aufgestellt. Die Stadt beabsichtigt, den Obelisken anzukaufen. 600.000 Euro sollen dafür bis Ende April mit einer Spendenaktion gesammelt werden. Im ersten Monat der Sammlung seien 93.000 Euro eingegangen, erklärte Susanne Völker, Kulturdezernentin der Stadt, am Montag. Mit Verweis auf die Debatten über die Säule sprach sie von einem »erfolgreichen Kunstwerk«. Die Arbeit werde »auf inhaltlicher und ästhetischer Ebene diskutiert«. Darin erweise sich ihre »Klasse«. Manche finden die Steinsäule hässlich, andere den Standort unpassend. Kurz nach dem Spendenaufrufs beschmierte eine Mann die Säule mit zwei Fragen: »600.000? Seid ihr blöd?«
Der Obelisk trägt die in Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch verfasste Inschrift »Ich war ein Fremdling, und ihr habt mich beherbergt« (Matthäus-Evangelium). Ein AfD-Politiker bezeichnete die Säule im vergangenen Jahr als »entstellte Kunst«.
Der Ankauf von Documenta-Werken hat in Kassel Tradition. Joseph Beuys’ »7.000 Eichen« von 1982 (Baumpflanzungen mit Basaltstein) wurden einst als »Verschandelung« beschimpft, sagte Völker. Heute sei »die Stadt sehr stolz darauf«. Ein Verfehlen der Ankaufsumme für den Obelisken muss ihr zufolge nicht das Verschwinden des Werks aus Kassel bedeuten. Mit Oguibe sei ein ergebnisoffenes Prozedere vereinbart. (dpa/jW)
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