Peinlich (II)
Ein publizistischer Coup des rechten Antaios-Verlags ist unversehens zum peinlichen Desaster geworden. 1.500 Exemplare der deutschen Übersetzung von Camille Paglias Aufsatzsammlung »Free Women, Free Men« müssen eingestampft werden. Die US-amerikanische Kulturhistorikerin habe ihren Vertrag mit dem Haus aufgelöst, heißt es in einem Hinweis im Weblog der von Antaios verlegten Zeitschrift Sezession. Paglia versteht sich als linke Feministin, ist aber zugleich eine scharfe Kritikerin der Gendertheorie, der sie u. a. vorhält, die Bedeutsamkeit der Natur bei der Konstruktion von Geschlechterrollen zu ignorieren. Diese Thesen machen sie für die neurechten Antifeministen interessant. Mit Antaios’ kommentierter Edition war Paglia jedoch nicht zufrieden. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (3.4.) bezichtigte sie ihren Verleger Götz Kubitschek u. a. des Vertragsbruchs, eines »totalitären Impuls(es)« sowie der »Verstümmelung« ihres geistigen Eigentums. Dieser hatte zwei Texte der Originalausgabe ausgespart, Überschriften ersetzt und anstelle des Vorworts ein Porträt Paglias, geschrieben von seiner Ehefrau, der antifeministischen Autorin Ellen Kositza, eingefügt. (jW)
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