Versicherte tragen alles
In der Bundesrepublik muß ein großer Teil der Kosten der »Wiedervereinigung« weiter ausschließlich von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten getragen werden. Denn das Bundessozialgericht in Kassel verwarf am Donnerstag eine Klage gegen die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen durch die gesetzliche Rentenversicherung. Mit der vom Sozialverband Reichsbund unterstützten Klage in diesem Musterprozeß sollte die Bundesregierung gezwungen werden, einen höheren Zuschuß in die gesetzliche Rentenkasse zu zahlen, um eine Senkung des Beitragssatzes zu erreichen. Der Kläger hatte moniert, daß staatliche Leistungen wie Fremdrentenansprüche und »Kosten der Wiedervereinigung« nicht durch alle Steuerbürger getragen werden. Beamte und Selbständige zahlen nichts in die gesetzliche Rentenkasse ein.
Das oberste Sozialgericht befand hingegen, daß der Gesetzgeber mit den jüngst beschlossenen Finanzierungsmaßnahmen zur Rente die Beitragsfinanzierung der versicherungsfremden Leistungen reduziert habe. Die Regierungskoalition und die SPD hatten sich 1997 darauf geeinigt, unter anderem die Mehrwertsteuer zur Entlastung des Rentenbeitragssatzes anzuheben. Trotz Abweisung der Klage hielt der Kasseler Senat jedoch das Anliegen des Klägers für berechtigt, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Über einen solchen Schritt will der Reichsbund nach Vorliegen des schriftlichen Urteils entscheiden. Wenn alle beitragsfremden Leistungen mit Steuermitteln und nicht durch die Rentenversicherung finanziert würden, könne der Beitragssatz um rund ein Drittel auf 14 Prozent sinken, betonte Reichsbund-Sprecher Axel Jürs.
(jW/ADN)
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