Legitimer Selbstbetrug
Für den Komponisten Helmut Lachenmann ist die Überzeugung, Musik könne politisch etwas bewirken, »legitimer Selbstbetrug, vielleicht unverzichtbar als kreativer Impuls«. In einem dpa-Interview zur heutigen Uraufführung seines Orchesterwerks »My Melodies – Musik für acht Hörner und Orchester« in München ergänzte der 82jährige, er respektiere die politischen Ambitionen jener Generation von Komponisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Sinne eines »Nie wieder« wirkten. Seiner Ansicht nach liegt der »Zweck« der zeitgenössischen E-Musik allerdings darin, ästhetische Stereotype einer »kommerziell gesteuerten Hörigkeit« zu konterkarieren. Eine 40sekündige Bagatelle des Zwölftonkomponisten Anton Webern etwa sabotiere bis heute gleichsam in aller Unschuld den Terror dominierender ästhetischer Wertvorstellungen. »Meine Musik eckt an«, sagte Lachenmann, für den prinzipiell jedes Geräusch zu Musik werden kann. Als »Herausforderung an unsere Fähigkeit, nicht nur bequem zu genießen, sondern uns zu erkennen als geistfähige Kreaturen, fähig und aufgefordert, unseren Horizont zu erkennen und immer wieder zu öffnen«. (dpa/jW)
Mehr aus: Feuilleton
-
Solidarität ist ein Kontinent
vom 07.06.2018 -
Aufmerksame Beobachter
vom 07.06.2018 -
Der Mann mit den Füchsen
vom 07.06.2018 -
Nachschlag: PPP im Weltall
vom 07.06.2018 -
Vorschlag
vom 07.06.2018