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Aus: Ausgabe vom 30.11.2002, Seite 16 / Aktion

Hoffnungsvolle Gegenbewegung

Jetzt vernetzen! Heute: junge Welt und Globalisierungskritiker
Von Peter Strotmann / Wolfgang Pomrehn

Wolfgang Pomrehn, jW-Redakteur:

Sowohl Welthandel als auch Kapitalexport haben im zurückliegenden Jahrzehnt einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Doch entgegen den Verheißungen der Apologeten des freien Marktes profitiert nur eine winzige Minderheit. Für den großen Rest der Menschheit bleibt das alte Elend, Tendenz zunehmend, und zwar auch im Norden. Hier trägt es vor allem die Namen Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, steigende Arbeitshetze und Altersarmut. Und als Zugabe gibt es hier wie dort eine galoppierende Zerstörung der natürlichen Umwelt, sei es durch permanente Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen, sei es durch Herumdilettieren am Erbgut von Nutzpflanzen, das die Ernährung künftiger Generationen gefährdet und die Bauern in die Abhängigkeit der Chemie- und Saatgutkonzerne treibt.

Gegen all das formiert sich seit einigen Jahren ein wachsender, buntscheckiger Widerstand. Internationale Netzwerke entstehen, Landlose schließen sich mit Industriearbeitern zusammen, Arbeitslose mit Ökobauern, französische Pharma-Gewerkschafter mit südafrikanischen AIDS-Aktivisten. Die junge Welt hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Leser umfassend über diese Entwicklung zu informieren und den Bewegungen eine Plattform zu bieten.


Peter Strotmann, ATTAC Berlin und ATTAC-Rat:

Schlimme Zeiten liegen vor uns. Die Doppel-Offensive der rechtradikalen Clique im Weißen Haus geht voran: zur Eroberung der Ölressourcen und der Erzwingung des verschärften Freihandels weltweit. Das Rad der Geschichte noch einmal zurückgedreht: Die letzten Reste des Bandung-Prozesses sollen ausradiert, die OPEC zerschlagen werden. Gleichzeitig geht es auch um die Kontrolle der Konkurrenten der USA. Ressourcenimperialismus und Freihandelsimperialismus geben sich die Hand. Mit schamloser Hybris werden die Würfel der Weltpolitik neu geworfen. Für die nächsten 30 Jahre sollen die Weichen neu gestellt werden. Kreuzgefährlich!

Gleichzeitig sind neue, hoffnungsvolle Gegenbewegungen entstanden. ATTAC ist ein kleiner Teil davon. Die junge Welt ist schon jetzt für die neue, bunte, teils auch antikapitalistische Bewegung von großer Hilfe. Diese Bewegung sucht sich noch selbst, kämpft um strategische Perspektiven, sucht nach Alternativen zum neoliberalen und kriegstreiberischen Desaster. Was zum Beispiel wird unter »Neuer Weltwirtschaftsordnung« verstanden? Reform von IWF und Weltbank à la Stiglitz oder Deglobalisierung à la Walden Bello?

Hier gibt es großen Klärungsbedarf, viel zu übersetzen, viel zu debattieren. Die Bewegung wird ein Strohfeuer sein, wenn sie nicht theoretisch unterfüttert wird. Die Wißbegier ist riesig. Die Sommerakademie in Marburg zeigte das ebenso wie die Resonanz der »Gegenstimmen« im Grips-Theater. Hier könnte die junge Welt sich an den fruchtbaren Debatten beteiligen, so wie es in der Serie über Hardt/Negris »Empire« begonnen wurde. Diese Auseinandersetzungen stehen gerade erst am Anfang. Sie sind spannender als Krimis. Und der Auflage helfen sie wohl auch.


Ideen, Anregungen und Beiträge
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Stichwort: »vernetzen«

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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