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Aus: Ausgabe vom 13.09.2018, Seite 11 / Feuilleton
Belletristik

Fake News von der Front

Ein Roman über moderne Kriegsberichterstattung
Von Gerd Bedszent

Gerüchteweise inszenieren Fernsehteams im syrischen Idlib derzeit einen Giftgasanschlag gegen Zivilisten, der nach Beendigung der Dreharbeiten der syrischen Armee angelastet werden soll. Insofern könnte Sven Reckers »Fake Metal Jacket« das Buch der Stunde sein. Der Titel erinnert an Stanley Kubricks Film »Full Metal Jacket« (1987) über die Vietnamkriegshölle aus der Sicht einer Gruppe frisch einberufener US-Soldaten. In Reckers Roman geht es allerdings um Journalismus in Kriegsgebieten.

Peter Larsen ist ein gefragter und beliebter Kriegsreporter. Wie er zu diesem Ruf gekommen ist, weiß er selbst nicht so genau. Eines Tages fand er sich zwischen den Fronten des libyschen Bürgerkrieges wieder, verfolgte diesen jedoch ausschließlich in einer Hotelbar im umkämpften Tripolis. Mangels seriöser Quellen rissen ihm die Nachrichtenagenturen das Geschwätz illustrer Bargäste über angebliche oder tatsächliche Erlebnisse als »Aussagen namenloser Oppositioneller« aus den Händen. Als dies bei seinem nächsten Einsatz in Afghanistan ähnlich funktioniert, wird daraus eine Strategie: Wozu sich in Gefahr begeben, wenn man aus sicherer Entfernung die Meldungen erfinden kann? Man muss nur aufpassen, dass beispielsweise der interviewte Terrorist zum Zeitpunkt des fiktiven Gesprächs nicht schon nachweisbar tot ist.

Als in Syrien der Krieg losbricht, nimmt Larsen mit Hilfe einheimischer Gewährsleute seine Produktion fiktiver, nicht auf Anhieb als Fälschungen erkennbarer Nachrichten wieder auf. Der findige Kriegsgewinnler hat allerdings mit einem nicht gerechnet: In unserer Gegenwart haben Agenturmeldungen eine nicht zu unterschätzende militärische Bedeutung. Für Kriegsparteien liegt es deshalb nahe, sich eines Produzenten von Falschmeldungen zu bemächtigen, und ihn zu zwingen, nur eine ganz bestimmte Sorte von Fälschungen auf den medialen Markt zu bringen …

Autor Jens Recker war jahrelang als Journalist, später als Katastrophenhelfer tätig und schult derzeit Berichterstatter für die Tätigkeit in nahöstlichen Krisengebieten. Sein Roman ist eine durchaus erstzunehmende Persiflage auf die moderne Kriegsberichterstattung. Und ein amüsant zu lesendes Antikriegsbuch.

Sven Recker: Fake Metal Jacket. Roman, Edition Nautilus, Hamburg 2018, 127 S., 18 Euro

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