Wegen Erdogan: Offener Brief an Merkel
Elf Frauenorganisationen haben sich zum dreitägigen Deutschlandbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt. »Sie werden ein Staatsoberhaupt eines diktatorischen Regimes mit einer diplomatischen Zeremonie auf höchster Ebene empfangen«, stellen sie fest.
Die Bevölkerung des Nahen und Mittleren Ostens, vor allem in Syrien, erlebe bereits jetzt »das Trauma des dritten Weltkrieges, in dem hegemoniale und regionale Mächte einen Stellvertreterkrieg führen«. Die überwiegend kurdisch-deutschen Frauenorganisationen sehen Erdogan dabei in einer Schlüsselrolle und richten einige Fragen an Merkel: »Werden Sie zulassen, dass Erdogan und seine Regierung, die den IS, Al-Nusra und andere islamistische Banden unterstützen, Kinder, Frauen und Männer in Afrin und Syrien massakrieren?« Ein solches Vorgehen sei bereits »eine der Hauptursachen für die Flucht der Menschen aus Syrien«. Erdogan benutze die Flüchtlinge als Druckmittel. »Werden Sie ihm diese Möglichkeit der Erpressung geben, obwohl er mit seiner Kriegstreiberei selbst für die Krise verantwortlich ist? Oder werden Sie fordern, dass die Türkei von der Besatzungspolitik in Afrin und Syrien und der feindlichen Politik gegenüber der kurdischen Bevölkerung absieht, weil Sie wissen, dass eine Lösung der Flüchtlingsproblematik nur durch ein normalisiertes Syrien möglich ist?
Von den sechs Milliarden Euro des Flüchtlingsdeals verteilen die Vertreter der AKP-Regierung in den Flüchtlingslagern gerade einmal die allernötigsten Lebensmittel. Im Gegenzug für ein Paket Milch müssen Frauen sich prostituieren.« Geflüchtete Frauen würden vergewaltigt.
Die zentrale Frage an Merkel: »Werden Sie Erdogan und seine Regierungsvertreter damit konfrontieren? Werden Sie ihn fragen, wo das Geld für die Versorgung von Flüchtlingen geblieben ist? Oder werden Sie zugunsten Ihrer Wirtschaftsinteressen wieder die Augen vor den Menschenrechtsverletzungen in den Flüchtlingslagern verschließen?«
Unterzeichnet wurde der Brief von Ceni – Kurdisches Frauenbüro für Frieden, dem Verband der Frauen aus Kurdistan in Deutschland (YJK– E), dem Bund der Alevitischen Frauen (DAKB) , dem Dachverband des Ezidischen Frauenrats (SMJE), der Fraueninitiative für einen demokratischen Islam, der Union der Frauen aus Rojava in Europa, der Initiative Freie junge Frauen, den Studentinnen aus Kurdistan (JXK), den Müttern gegen den Krieg Berlin-Brandenburg, der Feministischen Partei Die Frauen und der Feministischen Kampagne für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie. (jW)
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