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Aus: Ausgabe vom 18.10.2018, Seite 3 / Schwerpunkt
Vera Friedländer

Für Verständigung zwischen den Völkern

Von Robert Allertz

In ihrer Autobiographie »Man kann nicht eine halbe Jüdin sein« erinnert sich Vera Friedländer an die Jahre der Nazizeit. Mit Schülern und Pädagogen entwickelte sie aus einem Kapitel dieses Buches eine szenische Lesung. Auf diese Weise wurde für die Mädchen und Jungen aus den Klassenstufen 7 bis 10 der Berliner Corrie-ten-Boom-Schule Geschichte lebendig. In der aktiven Auseinandersetzung wachse die Chance, dass die schreckliche Vergangenheit niemals wiederkehrt, ist Vera Friedländer überzeugt. Und sie lebt danach. Als sich in der Nähe ihrer Wohnung – sie lebt in Berlin-Hohenschönhausen – junge Menschen unlängst zu einer Kundgebung versammelten, um ihren Unmut gegen die Rechtsentwicklung im Land, gegen rassistische Hetze und Ausgrenzung zu bekunden, klingelten sie auch an ihrer Tür. Ob sie nicht ein paar Worte sagen könnte? Natürlich, der Aufforderung folgte sie umgehend.

Vera Friedländer studierte und unterrichtete an der Humboldt-Universität zu Berlin, an der sie in den 80er Jahren eine Professur für deutsche Sprache innehatte. In den 70er Jahren lehrte sie an der Universität in Warschau. Mit Unterstützung des Jüdischen Kulturvereins in Berlin gründete sie 1990 eine Sprachschule. Sie sollte jüdischen Einwanderern aus Osteuropa bei der Integration helfen. Die Friedländer-Schule in der Boxhagener Straße gibt es noch immer. Inzwischen ist sie die älteste Sprachschule im Osten Berlins, und die Teilnehmer der Kurse kommen jetzt aus allen Himmelsrichtungen, darunter Asylbewerber aus dem Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia. Und sie lernen dort nicht nur die hiesige Sprache, sondern auch Land und Leute, Kultur und Geschichte kennen. Vera Friedländer half bis vor kurzem bei Bedarf an der Schule aus. Jetzt erteilt sie ihrem Sohn, der die Einrichtung leitet, allenfalls Ratschläge. Im übrigen ist die Schule nicht nach Vera, sondern nach David Friedländer (1750-1834) benannt. Der deutsch-jüdische Seidenfabrikant und Autor setzte sich für die Emanzipation der Juden in Berlin ein und führte damit das Werk des Aufklärers Moses Mendelssohn fort.

In diesem Sinne, so hat sie es sich auf die Fahne geschrieben, wirkt die Einrichtung »für Verständigung zwischen den Völkern, um jede Art von Rassismus und Chauvinismus aus der Welt zu schaffen«. Das kann man Tradition und Kontinuität nennen. Oder einfach nur Geradlinigkeit und Überzeugung. Und diese beweist Vera Friedländer ein Leben lang.

Vera Friedländer veröffentlichte »Ich war Zwangsarbeiterin bei Salamander« (Das Neue Berlin). Zuletzt erschien von ihr »Alfred Wohlgemuth. Ein unbesungener Held«, Verlag am Park in der Edition Ost

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