Insel der Vernunft und Kritik
Von Norman Paech / Brigitte HeringNorman Paech, Völkerrechtler, Friedensaktivist, Professor für Öffentliches Recht an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik:
»Wir sind rundum von Politik umgeben. Wir baden in der immer gleichen Flut des täglichen Geschwätzes über die Chancen und Verdienste untereinander austauschbarer Kandidaten. Wir haben keinen Bedarf für die Leitartikler der Tages- und Wochenzeitungen oder ihre Analysen, die in Wahlzeiten aufblühen und dann, nach kurzem Aufenthalt in der Bestsellerliste, als Futter für Ideenhistoriker zu den vergilbten Sammlungen der Antiquare wandern: Ihre Autoren bieten uns auf allen Kanälen und in allen Sendern ›Gedanken‹, die nur deswegen so mühelos aufgenommen werden, weil es sich um ›Gemeinplätze‹ handelt.«
Pierre Bourdieu hat recht mit diesen Sätzen, als wenn er gerade die Presseschau des Deutschlandfunks gehört hätte. Dort hinein hat sich noch nie eine Meinung oder Analyse der jungen Welt verirren können, dort hält man das Futter sauber. In Zeiten des Krieges und der Verschärfung des Sozialabbaus, die uns im Namen der Demokratie, der Menschenrechte, der Rettung des Wohlstands und der amerikanischen Freundschaft verkauft werden, muß man sich aus der Überschwemmung mit der Meinung der Verkäufer auf trockene Inseln der Vernunft und Kritik retten können, sonst ersäuft man. Ein solche Insel ist die junge Welt, deren es nicht mehr viele in dieser Republik gibt. Wer mutet den Leserinnen und Lesern denn noch die Lektüre umfassender Analysen zu, eine unnachsichtige Kritik an den Heiligtümern dieser Gesellschaft: Kirche, Militär, Polizei und Justiz, wer zieht die Politik wirklich noch durch den Dreck, in dem sie steckt? Also wer sich das zumuten möchte, der sollte junge Welt kaufen und lesen.
Brigitte Hering, jW-thema-Redakteurin:
Eine »Insel der Vernunft und Kritik«. Das trifft den Selbstanspruch, na vielleicht nicht der ganzen jungen Welt, die ja auch ihre Spaßseiten hat, aber ihrer »thema«-Seiten ziemlich genau. Kein Nachtrab, kein bürgerliches Geschwätz, sondern der Versuch, die Verhältnisse auf den Begriff zu bringen, die machtpolitischen ebenso wie die Existenz- und Ausbeutungsbedingungen. Hochpolitisch, weil theoretisch.
Die Zeitschrift in der Tageszeitung, täglich. Unverzichtbar für die Meinungsbildung der Linken. Längst ein kleines Netzwerk für sich und unbegrenzt ausbaufähig hinsichtlich Themen, Autoren und Lesern. Hinzugestoßen sind hier in jüngerer Zeit einige Rechtswissenschaftler und Juristen. Sie hatten entdeckt, wie wichtig die junge Welt im Kampf gegen den drohenden Irak-Krieg geworden ist. Ihnen gehört in den nächsten Tagen das Wort.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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